Energiequellen:Japan holt Brennstoff vom Meeresgrund

Das Forschungs-Bohrschiff "Chikyu" hat Methan aus Methan-Eis gewonnen.

Eine Flamme lodert über dem japanischen Schiff Chikyu. Hier brennt Methan, das aus Methanhydrat vom Meeresboden stammt.

(Foto: dpa)

Erstmals ist es gelungen, brennbares Methan aus Methan-Eis vom Meeresboden zu gewinnen. Nach dem Erfolg hofft Japan, in Zukunft weniger auf Öl- und Gas-Importe angewiesen zu sein.

Von Christoph Neidhart

Vor der japanischen Küste ist es erstmals gelungen, brennbares Methan aus unterseeischem Methanhydrat zu gewinnen. In den Meeren um Japan soll so viel von dem Methan-Eis liegen, dass der Inselstaat damit ein Jahrhundert lang seinen Gasbedarf decken könnte, teilte das Handels- und Industrieministerium (Meti) mit.

Den Brennstoff wolle man von 2018 an kommerziell abbauen. Allerdings gibt sich das Ministerium noch vorsichtig. Bisher gibt es keine Methode zur industriellen Ausbeutung von Methan-Eis, das auch "brennbares Eis" genannt wird. Andererseits gibt es Berechnungen, wonach weltweit mehr Energie in Methan-Eis gelagert ist als in Erdöl.

Methan-Eis ist eine grau-weiße Masse, die in den sogenannten Kontinentalhängen 500 bis 1000 Meter unter der Meeresoberfläche in Sand- und Schluffstein vorkommt. Es ist nur unter hohem Druck bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt stabil. Gefunden wurde Methan-Eis auch in anderen Meeresgebieten der Welt. Außerdem kommt es in Permafrostböden vor.

Das japanische Forschungs-Bohrschiff Chikyu schürft seit Anfang Januar im Nankai-Graben etwa 50 Seemeilen vor der Küste der Präfektur Aichi nach Methan-Eis. Am Dienstag um sechs Uhr früh senkte es einen Bagger-Roboter auf tausend Meter Tiefe ab. Das Gerät brach das poröse Gestein auf und brachte es in eine Unterdruck-Kammer. Hier verflüssigte sich das enthaltene Wasser und trennte sich vom Methan-Gas.

Letzteres wurde aufgefangen und nach oben zum Schiff gepumpt. Von etwa zehn Uhr an brannte auf der Chikyu eine Flamme. Der staatlichen japanischen Öl-, Gas- und Metall-Firma ist es damit weltweit zum ersten Mal gelungen, das Gas aus im Ozean gelagertem Methan-Eis zu gewinnen.

Methan-Eis aus einem Permafrostboden wurde bereits vor fünf Jahren in Kanada entzündet. Die Kristalle des Methan-Eises, das auch Methanhydrat genannt wird, setzen sich aus Wasser (H2O) und Methan (CH4) zusammen. Dabei umschließen 5,75 Wassermoleküle jeweils ein Methan-Molekül. Der hohe Druck verdichtet das Material: Ein Kubikmeter Methan-Eis enthält soviel Methan, dass bei Normaldruck ein Volumen von etwa 160 Kubikmeter Gas entsteht.

Die Probe-Schürfungen im Nankai-Graben sollen noch zwei Wochen dauern. Er hoffe, man könne zeigen, dass eine stabile Gas-Produktion möglich ist, sagte der japanische Handels- und Industrie-Minister Toshimitsu Motegi.

Belastung der CO2-Bilanz Japans unklar

Bisher galt die Energie-Gewinnung aus Methan-Eis als unwirtschaftlich. Allerdings hängt Japan, das außer Kohle bisher keine fossilen Energieträger aufzuweisen hat, stark von Öl- und Gas-Importen ab. Tokio hat deshalb in den vergangenen zwölf Jahren mehrere hundert Millionen Euro in die Methan-Eis-Forschung gesteckt.

Nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima wurde diese noch intensiviert. Da derzeit nur zwei der 50 noch intakten Kernreaktoren am Netz sind und eine Rückkehr zur alten Atompolitik politisch kaum durchsetzbar erscheint, werden die Energie-Importe Japans Zahlungsbilanz bis auf weiteres massiv belasten , zumal der Yen in den letzten Monaten schwächer geworden ist.

Die kleine Präfektur Fukui, in der 13 Reaktoren stehen, hat sich bereits als Standort für Gaskraftwerke angeboten; sie sollen der armen Gegend die Einnahmen aus den Kernkraftwerken ersetzen. Vorerst würden sie allerdings mit importiertem Gas betrieben. Unklar ist, wie sehr die Energie aus Methan-Eis Japans CO2-Bilanz belasten wird.

Premier Shinzo Abe hat bereits angekündigt, er werde sich nicht an das Ziel der Vorgängerregierung halten, die bis 2020 die Emissionen um 25 Prozent reduzieren wollte. Industrieminister Motegi feierte die kleine Flamme am Dienstag als Durchbruch - vorsichtshalber erstmal im Konjunktiv: "Das wäre endlich eine Energie, die Japan 'seine eigene' nennen könnte."

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