Energie vom Acker:Nachwachsende Zweifel

Die Energie vom Acker soll in den nächsten Jahren zum wichtigen Eckpfeiler der deutschen Energiewende werden - hofft die Bundesregierung. Die Kritik an Biokraftstoffen bringt sie nun in Bedrängnis.

Markus Balser

Sie säten Optimismus und hofften auf eine reiche Ernte: Noch in der vergangenen Woche war Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) ins bayerische Straubing gereist, um sich ein Bild davon zu machen, was aus den Forschungsmillionen für Energie vom Acker geworden ist.

Bei der Eröffnung einer geförderten Demonstrationsanlage für die Produktion von Kraftstoff aus Stroh schwärmte die Ministerin aus Berlin in den höchsten Tönen: "Im Sinne einer nachhaltigen Bioökonomie" leiste die Anlage einen wichtigen Beitrag. "Dank dieser neuen Anlage können Tank und Teller vom selben Feld gefüllt werden, ohne in Konkurrenz zueinander zu stehen."

Die Energie vom Acker, so das Credo der Bundesregierung, solle in den nächsten Jahren zum wichtigen Eckpfeiler der deutschen Energiewende werden. Nachwachsende Rohstoffe aus Pflanzen, Holz oder Stroh würden in immer größerem Ausmaß fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Gas ablösen. Schließlich galten sie bislang als klimaneutral und gut speicherbar. Schon heute hat Energie aus Biomasse einen Anteil von sechs Prozent an der Energieversorgung in Deutschland.

Bis 2050 soll er sich laut Energiekonzept auf 23 Prozent mehr als verdreifachen. Der neue Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hatte unlängst angekündigt, er wolle die Nutzung von Biomasse auf jeden Fall vorantreiben. Die Europäische Union schreibt das ohnehin vor. Denn nach einer Vorgabe aus Brüssel müssen die EU-Staaten bis 2020 zehn Prozent der fossilen Kraftstoffe durch Biosprit ersetzen.

Dilemma für Berlin

Doch angesichts der Warnung der Forscher wachsen die Zweifel, ob die Bioenergie wirklich öko ist - und zu einem der wichtigsten Bausteine der Energiewende werden kann. Neben dem Klimaproblem sei die Verfügbarkeit von Biomasse insbesondere in Deutschland sehr gering, heißt es in der Studie der Nationalakademie Leopoldina. Statt auf Energie von Feldern zu setzen, empfehlen die Wissenschaftler der Bundesregierung bei der Energiewende den verstärkten Einsatz von Wind- und Solarenergie. Die nutzten Flächen viel effizienter.

Für Berlin bedeutet das ein Dilemma. Denn die Energiewende macht der Politik derzeit ausgerechnet in diesen beiden Bereichen große Sorgen. Der Bau der dringend benötigten Windparks auf hoher See stockt, weil Anschlüsse und Netze für die Verteilung des produzierten Stroms fehlen. Wegen möglicher Kostensteigerungen bemüht sich die Politik, auch den Ausbau der Solarenergie zu bremsen. Und selbst die Hoffnung, dass die Deutschen in Zukunft einfach weniger Strom brauchen, scheint sich zu zerschlagen.

Wie es nun weitergeht? So wie bisher, hieß es am Donnerstag in Berlin. Die Bundesregierung kündigte an, am Biokraftstoff-Kurs trotz aller Zweifel erst einmal festzuhalten. Man messe "nachwachsenden Rohstoffen eine große Bedeutung für die künftige Energieversorgung bei", sagte etwa ein Sprecher von Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). Es bleibe dabei: Bioenergie trage zum Klimaschutz bei. Auch das Bundesumweltministerium setzt weiter auf den Ausbau der Bioenergie. Das BMU werte die Leopoldina-Studie als "wichtigen Diskussionsbeitrag", teilte das Ministerium mit.

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