Ehec-Krise belastet Kliniken:"Zusätzliche Kosten in Millionenhöhe"

In den norddeutschen Kliniken mit vielen Ehec-Patienten schiebt das Personal Sonderschichten. Zusätzliche Ärzte wurden engagiert und lukrative Privatstationen zu Isolierzonen umfunktioniert. Die Krankenhäuser könnte dies teuer zu stehen kommen - denn das deutsche Abrechnungssystem sieht Epidemien und andere unvorhersehbare Katastrophen nicht vor.

Nina von Hardenberg

Im Konferenzraum des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein haben Mitarbeiter Liegen aufgestellt. Übernächtigte Ärzte und Pfleger schlafen hier ein paar Stunden, dann arbeiten sie weiter. Rund um die Uhr. Seit drei Wochen geht das nun so. "Das Personal leistet Übermenschliches", sagt Pressesprecher Oliver Grieve.

Pflegekräfte auf Intensivstation mit EHEC-Patienten

"Das Personal leistet Übermenschliches": Eine Krankenpflegerin kümmert sich auf der Intensivstation des Universitätskrankenhauses Schleswig-Holstein um Ehec-Patienten.

(Foto: dpa)

Das Klinikum ist stolz auf den Einsatz der Mitarbeiter. Und doch bereitet er manchem Krankenhausmanager auch Kopfzerbrechen. "Wir rechnen mit zusätzlichen Kosten in Millionenhöhe", sagt Grieve. Denn nicht nur das eigene Personal schiebt Sonderschichten. Zusätzlich hat man in Lübeck und Kiel Ärzte aus Süddeutschland engagiert und auf eigene Kosten in Hotels untergebracht. Auch mussten Teile der für Krankenhäuser stets lukrativeren Privatstation zu Isolierzimmern umgewandelt werden.

Nachdem seit Anfang der Woche Hoffnung auf ein Abklingen der Ehec-Krise aufkommt, wenden sich Klinikmanager und Verbandsvertreter erstmals der finanziellen Seite der Krise zu und heben sogleich zur Klage an: Der Einsatz werde die Häuser teuer zu stehen kommen, warnen die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) einmütig und fordern Finanzhilfen.

Tatsächlich könnten Häuser, die besonders viele Patienten aufgenommen haben, auf einem Teil der Kosten sitzen bleiben. Das Problem ist dabei nicht die teure Behandlung auf der Intensivstation. Diese wird nach Aussage des VUD von den Krankenkassen angemessen erstattet. Schwierig wird es erst, wenn unerwartet viele Patienten kommen. Denn in Deutschland dürfen Krankenhäuser nur eine vereinbarte Zahl von Patienten zum vollen Preis abrechnen. Kommen mehr müssen sie Abschläge bei der Rechnung hinnehmen. Epidemien und andere unvorhersehbare Katastrophen seien in dem Abrechnungssystem nicht vorgesehen, kritisiert der Generalsekretär des VUD, Rüdiger Strehl. "Man kann die Patienten doch nicht einfach nach Hause schicken."

Das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, das besonders viele Ehec-Patienten aufgenommen hat, würden zusätzliche Kosten hart treffen. Das Haus schreibt bereits rote Zahlen. Die Landesregierung denkt neuerdings sogar über einen Verkauf nach. Am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf sieht man die Situation gelassener. "Es ist für jeden ersichtlich, was hier derzeit geleistet wird", sagt der Ärztliche Direktor Jörg Debatin. Er baue darauf, dass sich auch die Krankenkassen solidarisch zeigten. Deren Spitzenverband erteilte dem Wunsch nach zusätzlichen Hilfen aber erstmal eine Absage. Es sei nicht richtig, wenn Verbände wie die Krankenhausgesellschaft Ehec-Patienten für monetäre Interessen benutzten, sagte eine Sprecherin.

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