DNA-Analyse:"Die Dunkelgräfin kann nicht die Prinzessin sein"

Dunkelgräfin ist nicht französische Prinzessin

Rekonstruktion der "Dunkelgräfin" von Hildburghausen

(Foto: obs)

Sie lebte abgeschottet auf einem Schloss und zeigte sich stets verschleiert: Um die "Dunkelgräfin" von Hildburghausen ranken sich viele Legenden. Wissenschaftler haben nun das Grab der Unbekannten untersucht.

Die als "Dunkelgräfin" bekannte Tote aus einem Grab im südthüringischen Hildburghausen ist nicht die französische Königstochter Marie Thérèse Charlotte de Bourbon. Der MDR Thüringen lüftete am Montagabend in einer einstündigen Fernseh-Dokumentation das Geheimnis, über das die Einwohner der Gegend und Historiker seit mehr als 150 Jahren gerätselt hatten.

Ein interdisziplinäres Wissenschaftlerteam hatte seit der Graböffnung 2012 umfangreiche Untersuchungen der sterblichen Überreste und vergleichende DNA-Analysen vorgenommen.

Es war ein merkwürdiges Paar, das im Jahr 1807 in der kleinen südthüringischen Residenzstadt Hildburghausen abstieg: Der Herr, den man für einen Grafen hielt, nannte sich Vavel de Versay. Über die Dame war nichts bekannt. Um die geheimnisvolle Frau, die auf dem Schulersberg begraben liegt, ranken sich mehrere Theorien. Um nicht erkannt zu werden, soll sie stets verschleiert gewesen sein. Ihr Beschützer schirmte sie all die Jahre vor der Dorfbevölkerung ab. Die Menschen um Hildburghausen nannten sie deshalb "Dunkelgräfin". Nicht einmal einen Arzt oder Pfarrer zog der "Dunkelgraf" vor ihrem Tod 1837 hinzu.

Als der vermeintliche "Graf" 1845 starb, stellte sich schnell heraus, dass es sich in Wirklichkeit um einen holländischen Diplomaten handelte, der sich am Hofe Ludwigs XVI. aufgehalten hatte. Die Identität der Dame, die bereits 1837 starb, gab hingegen Rätsel auf. Offiziell wurde der Name der Unbekannten als "Sofia Botta" angegeben - doch dies glaubte in der Gegend niemand. Einen Tag vor seinem Tod verbrannte der Mann damals alle Dokumente. Hartnäckig hielt sich das Gerücht, dass die Tochter von Marie Antoinette und Ludwig XVI. von 1807 an im Schloss Eishausen Zuflucht gesucht hatte. Marie Thérèse war die einzige Überlebende der während der französischen Revolution umgebrachten Königsfamilie.

"Wir haben eine nicht alltägliche DNA-Sequenz"

Nachdem der Stadtrat 2012 zugestimmt hatte, verglichen die Wissenschaftler die DNA-Proben der weiblichen Toten aus Hildburghausen mit denen der weiblichen Linie Maria Theresias, der Mutter von Marie Antoinette. Sie ergaben keine Übereinstimmung.

Ebenfalls keinen Treffer landeten die Wissenschaftler bei der Analyse von Proben aus dem Herzen von Ludwig XVII., dem Bruder von Marie Thérèse, das in einer Basilika in Paris aufbewahrt wird. Im Jahr 2000 hatten Wissenschaftler bereits dessen DNA analysiert und mit lebenden Nachfahren verglichen. Der MDR ließ zudem eine Speichelprobe von Alexander Prinz von Sachsen untersuchen. Sie stimmte mit dem DNA-Ergebnis des Kronprinzen überein, aber nicht mit der DNA aus dem Grab der "Dunkelgräfin".

"Damit können wir eindeutig sagen: Die Dunkelgräfin kann nicht die Prinzessin sein", sagte Walter Parson, Molekularbiologe am Institut für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck. Auch ein Vergleich des Totenschädels der Dunkelgräfin mit Kinderbildern führte zu keinem eindeutigen Ergebnis. "Es bleibt aber sehr spannend, wer die Dunkelgräfin wirklich war, denn wir haben eine nicht alltägliche DNA-Sequenz", ergänzte Sabine Lutz-Bonengel vom Institut für Gerichtsmedizin des Universitätsklinikums Freiburg. Damit bestehe die Chance, die mütterliche Linie der "Dunkelgräfin" zu finden.

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