Die Lebenserwartung von US-Präsidenten:Wie ungesund ist Macht?

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Jeder Tag im Amt verkürzt die Lebenserwartung eines US-Präsidenten angeblich um zwei Tage. Strahlend und jugendlich angetreten werden die mächtigsten Männer der Welt schnell faltig und grau. Aber stimmt das überhaupt?

Christian Weber

Man kennt diese Vorher-Nachher-Fotos der US-Präsidenten: Strahlend und jugendlich bei der Amtsübergabe, scheinen sie nach Kriegen und Krisen schnell zu altern, die Gesichter von Falten durchzogen, das Haar ergraut.

Ist Barack Obama als US-Präsident besonders schnell gealtert? (Foto: Reuters)

Es sind die angeblichen Spuren der Macht, die sich auch bei Barack Obama zeigten, als er in diesem Sommer seinen 50. Geburtstag feierte. Nahe liegt deshalb die Vermutung, dass die Last des Amtes zu einem früheren Tod führt.

Bloß: Dem ist nicht so, wie jetzt der Demograph Jay Olshansky von der University of Illinois in Chicago in dem Fachmagazin Jama (Bd. 306, S. 2328, 2011) berichtet.

Olshansky untersuchte, ob eine verbreitete Spekulation stimmt, wonach jeder Tag im Oval Office die Lebenserwartung eines Präsidenten um zwei Tage reduziert.

Dazu subtrahierte der Forscher die um den Faktor zwei multiplizierte Amtszeit der Präsidenten von der zur jeweiligen Zeit üblichen durchschnittlichen Lebenserwartung von Männern gleichen Alters.

Diese Zahlen verglich er dann mit dem tatsächlichen durchschnittlichen Sterbealter aller bislang 34 verstorbenen US-Präsidenten seit George Washington. Nur die vier ermordeten Amtsinhaber ließ er unberücksichtigt.

Das Ergebnis widerspricht der These vom frühen Präsidententod: Der Stress-Rechnung zufolge hätten die US-Präsidenten im Durchschnitt mit 68,1 Jahren sterben müssen. Tatsächlich erreichten sie aber 73,0 Jahre.

Das ist nur unwesentlich weniger als bei ihren zugehörigen Alterskohorten, die durchschnittlich 73,3 Jahre alt wurden. Noch deutlicher ist das Ergebnis bei den ersten acht US-Präsidenten: Sie starben mit durchschnittlich 79,8 Jahren - in einer Zeit als die Lebenserwartung amerikanischer Männer noch unter 40 Jahren lag.

Wir sterben nicht an grauen Haaren und Falten", sagt Olshansky. Vielmehr bestätigten seine Analysen altbekannte Annahmen der Demographie: In dem Alter, in dem man üblicherweise Präsident wird, habe man eben die gefährlichen Phasen der frühesten Kindheit und der Jugend überstanden.

Zudem zeige sich erneut, dass der sozioökonomische Status einen "extrem starken Effekt" auf die Lebenserwartung habe. So hatten die meisten US-Präsidenten eine Hochschulbildung genossen, alle waren wohlhabend und hatten besten Zugang zum Gesundheitssystem.

© SZ vom 07.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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