Diabetes:Hoffnung auf Insulin-Nachschub

Forscher haben bei Mäusen Stammzellen entdeckt, die die Insulin-Produktion in zerstörten Bauchspeicheldrüsen wieder ankurbeln. Ob das auch bei Menschen funktioniert, ist allerdings noch unklar.

Christina Berndt

Womöglich haben kranke Bauchspeicheldrüsen das Zeug, sich selbst zu reparieren. Die Nachricht ist für Zuckerkranke interessant, bei denen die sogenannten Beta-Zellen in der Drüse zugrunde gegangen sind.

Diabetes

Insulin-Messung bei einem kleinen Diabetes-Patienten. Vielleicht ist die neue Entdeckung die Grundlage für eine neue Diabetes-Therapie in der fernen Zukunft.

(Foto: Foto: dpa)

Sie produzierten vorher das Hormon Insulin, das den Blutzuckerspiegel reguliert. Nun zeigt sich: Es gibt in der Bauchspeicheldrüse offenbar Stammzellen, die Nachschub für die zerstörten Insulin-Produzenten bilden können. Nach jahrelanger Suche haben belgische Forscher diese Stammzellen bei Mäusen gefunden (Cell, Bd.132, S.197, 2008).

Damit haben sie womöglich die Grundlage für eine neue Diabetes-Therapie gelegt - eine Behandlung in der "fernen Zukunft", wie der Leiter des Forscherteams, Harry Heimberg von der Freien Universität Brüssel, betont.

Der Fund versetzt Fachleute just zu jenem Zeitpunkt in Aufregung, da sie den Glauben an eigene Stammzellen der Bauchspeicheldrüse gerade aufzugeben begannen. In rund 20 verschiedenen Organen haben Wissenschaftler in den vergangenen Jahren Stammzellen entdeckt, darunter in Knochen, Muskeln und Haut.

"Nun ist der Beweis endlich erbracht"

In der Bauchspeicheldrüse aber fanden sie trotz intensiver Suche keine solchen wandlungsfähigen Zellen, aus denen zahlreiche andere Zelltypen des Organs entstehen. "Nun ist der Beweis endlich erbracht", sagt Jochen Seißler, Schwerpunktleiter Diabetologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Offenbar produziert die erwachsene Bauchspeicheldrüse aus diesen Stammzellen immer neue Beta-Zellen - zumindest bei Mäusen.

Ob das auch für den Menschen gilt, sei noch unklar, betont Seißler. Die Versuche, die der Belgier Heimberg an Nagern vorgenommen haben, wird auch niemand so schnell an Menschen wiederholen: Heimberg hat den Tieren einen Teil der Bauchspeicheldrüse abgeklemmt, sodass manche Bereiche des Organs abstarben.

Binnen zwei Wochen hatte sich die Anzahl der Beta-Zellen dort aber wieder verdoppelt. Die neuen Zellen waren aus den nun entdeckten Stammzellen entstanden und stellten sogar Insulin her.

Jetzt wolle er versuchen, solche Stammzellen auch beim Menschen zu finden und sie zu aktivieren, sagt Heimberg: "Dann könnte man diese Zellen als Transplantat für Patienten nutzen." Die Zuckerkranken müssten kein Insulin mehr spritzen, ihre Bauchspeicheldrüse könnte das Hormon wieder selbst herstellen.

Gelänge es, solche Stammzellen sogar noch bei Zuckerkranken zu finden und zu aktivieren, hätte das einen gewaltigen Vorteil: Wenn die Zellen vom Patienten selbst stammen, müsste dieser keine Medikamente einnehmen, die die Abstoßung des Transplantats unterdrücken.

Bisher konzentrierten sich die Bemühungen von Forschern darauf, Stammzellen aus anderen Organen wie Knochen in Insulin-produzierende Zellen zu verwandeln. Doch die Ausbeute war meist gering, und Insulin stellten die Zellen auch nicht in ausreichender Menge her. Vorläuferzellen aus der Bauchspeicheldrüse könnten da effektiver sein.

Dass Zell-Transplantationen Zuckerkranken grundsätzlich helfen können, haben Versuche derweil schon bewiesen: Die Patienten haben allerdings keine Stammzellen, sondern Zellen aus Bauchspeicheldrüsen von Toten erhalten. Dazu wurden so viele Drüsen benötigt, dass das Verfahren zur Behandlung der Millionen Diabetes-Kranken nicht wirklich taugt.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: