Depressionsforschung an Fliegen:Hilflos auf der Herdplatte

Stubenfliegen und Menschen zeigen ähnliche Verhaltensweisen, wenn sie mit ausweglosen Situationen konfrontiert werden. Zu diesem Schluss kamen Forscher, nachdem sie die Insekten über eine heiße Herdplatte scheuchten. An den Fliegen könnten künftig auch neue Antidepressiva getestet werden.

Von Christian Weber

Auch ganz normale Stubenfliegen können in einen Zustand fallen, den Forscher "erlernte Hilflosigkeit" nennen und der bei Menschen häufig mit einer Depression einhergeht. Das berichtet ein Team um den Neurobiologen Martin Heisenberg von der Universität Würzburg im Fachmagazin Current Biology (online).

Dabei handelt es sich um einen Zustand, den man bislang bei Hunden, später auch bei Ratten, Mäusen, Fischen und sogar bei Schnecken erforscht hat: Wenn man Tiere unter Stress setzt, den sie nicht kontrollieren können, dann reagieren sie mit Schlaf- und Essstörungen, entwickeln Geschwüre und ziehen sich zurück - sie werden apathisch.

Forscher hoffen auf neue Erkenntnisse

Ähnliches gelang nun den Würzburger Forschern, indem sie die Fliegen in einer kleinen Kammer über eine unangenehm heiße Heizplatte laufen ließen. Sobald die Insekten gelernt hatten, dass sie diesem unangenehmen Reiz nicht ausweichen können, entwickelten sie Symptome, die Züge einer Depression tragen: Sie reagierten nicht mehr, wurden langsamer, machten mehr und längere Pausen.

Dies sei ein Hinweis auf die tiefen biologischen Wurzeln der Depression, schreiben die Autoren und eröffne neue Wege zur Erforschung der Krankheit. So werde man nun erkunden, wie sich die erlernte Hilflosigkeit etwa auf Balzverhalten und Aggression der Tiere auswirke; oder was in diesem Zustand im Gehirn passiere. So könnten an den Fliegen womöglich auch neue Antidepressiva getestet werden.

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