Biologie:Winterschlaf mitten in den Tropen

Bei Winterschlaf denken wir an Igel oder Fledermäuse, die sich vor Kälte und Nahrungsmangel zurückziehen. Doch auch manche Affen halten Winterschlaf. Und zwar in den warmen Tropen.

Von Christina Berndt

Fast alle Wissenschaftler erzählen gerne von ihrer Forschung. Aber Kathrin Dausmann macht es besonderen Spaß, mit ihren Erkenntnissen aus Madagaskar das Bild zu erschüttern, das die allermeisten ihrer Zuhörer seit Kindertagen vom Winterschlaf haben.

Wer an Winterschlaf denkt, hat Igel und Fledermaus vor Augen, die sich im Winter zurückziehen, ihren Stoffwechsel herunterregulieren und von ihren Fettreserven leben. So wollen sie über die kalte Jahreszeit kommen.

Doch Winterschlaf gibt es auch bei Affen und noch dazu in den Tropen, weiß Kathrin Dausmann zu berichten. Im Osten Madagaskars hat die Tierökologin von der Universität Hamburg entdeckt, dass sich zwei zu den Fettschwanzmakis gehörende Affenarten im Winter in die Erde einbuddeln (Scientific Reports, online).

Die Tiere bauen sich enge Höhlen, in denen sie zusammengerollt drei bis sechs Monate pro Jahr liegen. Kathrin Dausmann und ihre Kolleginnen Marina Blanco und Anne Yoder vom Duke Lemur Center in den USA fanden die Makis unter einer weichen Schicht aus Pflanzenwurzeln, Humus und Laub, weil sie die Tiere schon im Sommer mit Sendern ausgestattet hatten. In ihren Höhlen sind die Affen vor Frost geschützt, den es in ihrem Habitat im Winter mitunter gibt.

Vor einiger Zeit hatte Dausmann bereits von einer anderen Art von Fettschwanzmakis berichtet, die im Westen Madagaskars Winterschlaf hält. Diese Affen buddeln sich aber nicht ein, sie ziehen sich bis zu sieben Monate in Baumhöhlen zurück. Denn Kälte ist für sie nicht das Problem. Mit ihrem Rückzug retten sich die Tiere vielmehr vor der langen Trockenzeit im Westen der Insel, in der es nur wenig Wasser und Nahrung gibt und es ihnen schnell zu heiß wird.

Während des Winterschlafs aber passiert mit den Makis das gleiche wie mit anderen Tieren: "Für gewöhnliche Beobachter sieht es so aus, als wären sie tot", erzählt Anne Yoder. "Ihre Körper sind kalt, sie sind völlig unbeweglich und atmen höchstens alle paar Minuten einmal."

Während die Makis in ihren Baumhöhlen größeren Temperaturschwankungen ausgesetzt sind, halten ihre Verwandten in den Erdlöchern ihre Körpertemperatur konstant. Somit sind sie dem Igel ein gutes Stück näher als die in Baumlöchern schlafenden Makis - und retten vorerst das angekratzte Bild vom Winterschlaf.

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