Biologie:Nachtwächter im Ozean

Während der Polarnacht beleuchten unter dem Eis vor allem Tiere das Meer. Das prägt die ganze Lebensgemeinschaft im Wasser. Die Erwärmung bedroht das System.

Von Marlene Weyerer

Etwa 30 Meter unter der Oberfläche des Arktischen Ozeans beginnt ein Bereich, in dem selbst während der langen, dunklen Polarnacht das Leben aktiv ist. Ein Grund dafür ist Biolumineszenz: die Fähigkeit von Lebewesen, selbst Licht zu erzeugen. Obwohl die Arktis während der Polarnacht monatelang keine Sonne sieht, ist im Wasser unter der Eisdecke deshalb mehr los als bisher angenommen: Die Ernährungskette funktioniert während der Polarnacht weiter (Scientific Reports).

In den hellen Monaten hängt es den Forschern um Heather Cronin von der University of Delaware zufolge nicht von der Dichte und der Temperatur des Wassers ab, in welcher Tiefe die verschiedenen Plankton- und Fischarten leben, sondern vom Übergang zwischen normalem Licht und Biolumineszenz. Ab einer Tiefe von 30 Metern kommt kaum noch Licht von der Oberfläche an; selbsterzeugtes Licht etwa von kleinen leuchtenden Krebsen ist dort die dominante Lichtquelle.

Wenn es an der Oberfläche heller wird, schwimmt Plankton demnach tiefer, um wieder in den Biolumineszenz-Bereich zu kommen. Denn viele Planktonorganismen leuchten selbst und sind in dieser Lichtzone darum weniger gefährdet. Dort können sie für Raubtiere gehalten werden, etwa für Anglerfische; von unten betrachtet sind sie kaum sichtbar. Doch es kann auch passieren, dass gerade das Leuchten die Kleintiere verrät. Manche Fische und Vögel ernähren sich während der Polarnacht hauptsächlich von leuchtendem Plankton, sodass die Biolumineszenz die Nahrungskette in der dunklen Zeit aufrechterhält.

Dieses Gleichgewicht droht durch den Klimawandel verschoben zu werden. Wenn das Eis an der Meeresoberfläche schmilzt, wird es heller im Wasser. Dadurch würden Phytoplankton und Schneealgen sich früher im Jahr vermehren und würden auch früher aufgefressen werden, vermuten die Forscher. Außerdem wäre das stärkere Licht ein Vorteil für Tiere, die ihre Nahrung optisch suchen. Tiere, welche die Dunkelheit zur Tarnung brauchen, würden hingegen zu leichter Beute.

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