Biologie:Kot statt Zäune - für die Wohlfühlatmosphäre

Kaninchen im Tiergarten

Bloß nicht dem Nachbarn zu Nahe kommen!

(Foto: Alexander Heinl/dpa)

Das europäische Wildkaninchen steckt sein Territorium mit Latrinen ab. Tiere, die in der Stadt leben, achten ganz besonders auf diese Geruchsgrenzen.

Von Hanno Charisius

Wenn Kaninchen vom Land in die Stadt ziehen, verändert sich ihr Verhalten, da sind sie Menschen nicht unähnlich. Die Haushaltsgröße der Bauten schrumpft, es gibt sogar Singlewohnungen. Und auch das Kommunikationsverhalten der Hasenartigen ändert sich. In der Stadt gibt es zwar viele Baumöglichkeiten für Kaninchen, aber die zugehörigen Territorien sind kleiner als auf dem Land. Entsprechend deutlicher markieren die stadtbewohnenden Europäischen Wildkaninchen die Grenzen, wie eine Studie jetzt gezeigt hat.

Menschen würden vielleicht Zäune um ihren Grund ziehen. Kaninchen kennzeichnen ihr Territorium mit ihren Ausscheidungen. Die Tiere benutzen mehrere Latrinen auf ihren Anwesen. Die einen liegen dicht am Bau und spielen für den Gruppenzusammenhalt eine wichtige Rolle. Die anderen liegen abseits und grenzen die beanspruchten Latifundien ab. Diese werden vermehrt vom dominierenden Männchen eines Baus benutzt und andere Kaninchen erkennen am Geruch, mit wem sie es zu tun haben: Alter, Geschlecht und den sozialen Status können Kaninchen wittern.

Suhlen im Kot verschafft den Tieren eine Wohlfühlatmosphäre

Die Latrinen am Bau hingegen stärken den sozialen Zusammenhalt der Bewohner. Die Tiere suhlen sich in den Ausscheidungen, um ihre Zugehörigkeit klar zu machen, so werde eine "Wohlfühlatmosphäre" hergestellt, erklärt Madlen Ziege, Doktorandin der Arbeitsgruppe Ökologie und Evolution der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Sie entdeckte, dass Stadt-Kaninchen ihr Latrinensystem anders nutzen als Artverwandte auf dem Land. Normalerweise legen Europäische Wildkaninchen mehr Latrinen in direkter Nähe zum Bau an und nutzen diese häufiger.

Stadtbewohnenden Tiere graben hingegen vermehrt Aborte an den Territoriumsgrenzen und suchen diese auch häufiger auf, berichtet Ziege mit ihren Kollegen im Fachjournal BMC Ecology. "Wir haben gestaunt, auf wie vielen Ebenen, die Urbanisierung die Tiere beeinflusst", sagt Ziege. Sie glaubt, dass die Veränderung im Kommunikationsverhalten auch in anderen Städten mit größeren Kaninchenpopulationen zu beobachten sein müsste. Als nächstes möchte sie herausfinden, wohin der städtische Kaninchennachwuchs zieht, sobald er aus dem elterlichen Bau geworfen wird.

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