Vogelzug:Ein Leben lang im Flug

Mauersegler

Der Mauersegler hält gleich zwei Rekorde.

(Foto: CC by 2.0)

Der Mauersegler kann zehn Monate ohne Unterbrechung fliegen. Das ist Rekord - und stellt Ornithologen vor große Rätsel: Etwa, wie der Vogel so zu ausreichend Schlaf kommt.

Von Tina Baier

Es muss schön sein, das Leben des Mauerseglers: den ganzen Tag in warmen Luftströmungen dahingleiten, in der Abenddämmerung hoch in den Himmel steigen und so gut wie nie landen. Zehn Monate im Jahr berühren die Vögel kein einziges Mal den Boden, schreiben Ornithologen der Universität Lund in der Fachzeitschrift Current Biology. Die Tiere landen nur zur Brutzeit, die sie im Sommer in Mitteleuropa verbringen. Sie ähneln Schwalben, sind aber deutlich größer und nicht mit ihnen verwandt. Spätestens Anfang August brechen die Mauersegler schon wieder auf nach Afrika.

Schon lange vermuten Zoologen, dass diese Vögel einen Großteil ihres Lebens im Flug verbringen, unter anderem, weil man nie Rastplätze gefunden hat. Dass das stimmt, haben die schwedischen Ornithologen jetzt bewiesen, indem sie 19 Mauersegler mit Sendern ausstatteten. Die Geräte zeichneten neben dem Standort der Tiere auch auf, ob sich die Vögel in der Luft oder am Boden aufhielten und wie schnell sie flogen. Alle verbrachten mehr als 99 Prozent der Zeit, in der sie nicht brüteten, in der Luft. Manche legten zwar kurze Landepausen ein, um sich auszuruhen, doch viele hielten zehn Monate lang durch. "Es gibt keine andere Vogelart, die derart lange ununterbrochen fliegt", sagt Anders Hedenström, der die Studie geleitet hat.

Der Rekord des Mauerseglers verblüfft selbst Ornithologen, die Höchstleistungen ihrer Forschungsobjekte eigentlich gewohnt sind. Küstenseeschwalben beispielsweise pendeln zwischen Arktis und Antarktis hin und her und legen dabei bis zu 36 000 Kilometer zurück. Der Sperbergeier kann sich auf eine Höhe von bis zu 11,2 Kilometern emporschrauben, in der auch Passagierflugzeuge unterwegs sind.

Schnellster Schwimmer im Vogelreich ist mit einer Geschwindigkeit von bis zu 27,4 Kilometern pro Stunde der Eselspinguin, der Kaiserpinguin kann dafür mit 265 Metern am tiefsten tauchen. Der afrikanische Strauß hält gleich mehrere Rekorde: Er ist der schwerste (156 Kilo), größte (2,75 Meter) und schnellste (95 Kilometer pro Stunde) aller flugunfähigen Vögel. Weniger bekannt ist, dass er mit einem Durchmesser von fünf Zentimetern auch noch die größten Augen hat.

Der Mauersegler hält ebenfalls noch einen weiteren Rekord, der indirekt auch mit seinen Flugkünsten zu tun hat: Er hat die kürzesten Beine im Vogelreich. Wie genau das Leben des Mauerseglers in der Luft aussieht, wissen die Wissenschaftler noch nicht. Klar ist, dass die Tiere im Flug Insekten jagen und trinken, indem sie dicht über Wasseroberflächen hinwegstreichen und dabei den geöffneten Schnabel eintauchen.

Doch wie schlafen die Vögel ohne abzustürzen oder brauchen sie überhaupt keinen Schlaf? Und warum macht ihnen Schlafmangel nichts aus - anders als Menschen und vielen Tieren? Möglicherweise machen sie es ähnlich wie Fregattvögel, die beim Fliegen jeweils nur eine Hälfte des Gehirns einschlafen lassen, während die andere aufpasst, dass das Tier seine Flugbahn nicht verlässt und nicht mit anderen Vögeln kollidiert. Manchmal schalten Fregattvögel aber auch auf Autopilot und lassen beide Gehirnhälften einnicken. Dann kann es passieren, dass den Tieren der Kopf kurz müde auf die Brust sinkt.

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