Biologie:Bärtierchen eisgekühlt

Bärtierchen, Paramacrobiotus craterlaki, 400:1

Foto: Oliver Meckes/eye of science/Agentur Focus

Ein Experiment hat gezeigt, dass Bärtierchen mehr als drei Jahrzehnte im eingefrorenen Zustand überdauern können. Erstmals haben sie sich danach sogar vermehrt.

Von Mathias Tertilt

Ein Experiment hat gezeigt, dass Bärtierchen mehr als drei Jahrzehnte im eingefrorenen Zustand überdauern können. Die japanische Biologin Megumu Tsujimoto hat im Labor tiefgekühltes Moos aufgetaut, das Forscher 1983 aus der Antarktis mitgebracht hatten. Darin fanden sie und ihr Team zwei antarktische Bärtierchen (Acutuncus antarcticus), etwa 200 Mikrometer lang, was dem Durchmesser von zwei menschlichen Haaren entspricht, berichten die Biologen im Fachmagazin Cryobiology. Die Forscherin nannte die Tierchen "Sleeping Beauty" eins und zwei. Umgesiedelt in eine Petrischale regte Nummer eins schon am ersten Tag ein Bein, am fünften Tag den ganzen Körper. Nach mehr als einer Woche krabbelte das erste Tierchen auf allen acht Beinen herum und fing an, Algenfutter zu fressen. Nach drei Wochen legte es drei Eier. Nummer zwei hingegen war einen Tag zuvor gestorben. Während Säugetiere wie Braunbären nur einige Monate Winterschlaf halten, können Bärtierchen jahrelang in einem todesähnlichen Zustand, der sogenannten Kryobiose, verharren. Zuckermoleküle verhindern dabei wie ein natürliches Frostschutzmittel, dass Wasser in den Zellen gefriert und Eiskristalle entstehen. Gleichzeitig schalten die Tiere ihren Stoffwechsel in einen Sparmodus. Sobald die äußeren Bedingungen sich bessern, können die Tiere wieder in den normalen Zustand wechseln - und sich nach so langer Zeit sogar wieder vermehren: Nummer eins legte insgesamt 19 Eier, bis es nach 45 Tagen starb. Aus den meisten Eiern schlüpfte Nachwuchs. Nun wollen die Forscher untersuchen, wie das Genmaterial so lange intakt bleibt. Das könnte für die Medizin von Interesse sein.

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