Bioasphalt:Fahren auf Frittierfett

Straßenbau in Sachsen-Anhalt

Straßenbau in Sachsen-Anhalt

(Foto: dpa)

Aus Speiseresten wollen Ingenieure Bioasphalt herstellen. Erste Straßen damit gibt es schon. In Deutschland setzt man dagegen auf Recycling in anderer Form.

Von Andrea Hoferichter

Der Bauingenieur Haifang Wen gießt gebrauchtes Öl nach dem Frittieren oder Braten vermutlich nicht in den Ausguss. Der Forscher der Washington State University sieht darin schließlich einen wertvollen Rohstoff, den er in umweltfreundlichen Straßenbelag verwandeln kann. Bisher hält Bitumen die Steinchen im Asphalt zusammen. Die schwarze, zähe Flüssigkeit bleibt zurück, wenn Benzin aus Erdöl destilliert wird. "Unser neues 'grünes' Bindemittel hat die gleichen Qualitäten wie petrochemisch hergestelltes Bitumen", behauptet Wen. An Nachschub fehle es auch nicht. Allein in den USA fallen der Umweltbehörde EPA zufolge jedes Jahr zwölf Milliarden Liter gebrauchtes Speiseöl an.

Um das Bindemittel herzustellen, erhitzen die Forscher Reste aus Restaurants mit ein wenig Flugasche, einem Abfallprodukt aus Kohlekraftwerken. Dabei verketten sich die ungesättigten Fettsäuren der Öle zu komplexen Molekülen, es entsteht eine klebrige, graue Masse. Auch der Asphalt, den Wen damit anmischt, ist eher grau als schwarz. In seinem Labor hat der Bioasphalt aus Bratöl erste Härtetests schon erfolgreich überstanden; im Sommer soll er auf die Straße gebracht werden. "Wir wollen eine mindestens 400 Meter lange Teststrecke damit asphaltieren", so Wen.

Tierisches Bindemittel im Teer

Altes Pflanzenöl ist nicht das erste Material, das die Petrochemie aus dem Straßenbau verdrängen soll. Vor vier Jahren meldeten Forscher der Iowa State University, sie hätten Asphaltkleber aus Holz- oder anderen festen Pflanzenabfällen entwickelt. Ein Radweg in der Hauptstadt Des Moines, der damals mit einem Belag aus etwa fünf Prozent Eichenholz-Bioasphalt versehen wurde, ist den Wissenschaftlern zufolge noch heute so gut in Schuss wie eine Fläche aus konventionellem Bitumenasphalt.

Auch Schweinemist wird als Rohstoff für Asphaltkleber genutzt. Im Frühjahr 2010 meldeten US-Medien, eine Straße in St. Louis sei mit einem Asphalt überzogen worden, in dem tierisches Bindemittel stecke. Entwickelt wurde es unter anderem von Forschern der University of Illinois. Auch Wissenschaftler der North Carolina A&T State University arbeiten an Asphaltklebern aus dem Schweinestall. Sie nutzen den Rückstand, der bei der Produktion von Bioöl aus Mist entsteht.

Michael Wistuba von der Technischen Universität Braunschweig, der mit einem Industriepartner an einem noch geheimen Rezept für Bioasphalt forscht, ist allerdings skeptisch. "Der wissenschaftliche Beweis, dass die Biobindemittel dem Bitumen gleichwertig sind, steht noch aus", sagt er. Bei den bisherigen Beispielen handele es sich in der Regel um Asphalt, in dem Bitumen mit biologischem Kleber gestreckt wurde. Und selbst das scheint auf Kosten der Haltbarkeit zu gehen. "Der Asphalt mit Pflanzenölanteil ist oft weniger stabil und hält nur halb so lange wie reiner Bitumenasphalt", sagt der Entwickler. Vier Jahre sind kein Alter für eine Straße.

Eine Alternative: Straßenrecycling

Auch deshalb wundert er sich, warum Presseerklärungen zu Bioasphalt, fast immer aus den USA, Wellen schlagen, während eine andere, schon heute praktizierte Lösung kaum Schlagzeilen erntet. "Deutschland zählt zu den weltweit führenden Ländern im Asphaltrecycling, nur weiß das kaum jemand", sagt er. "Rund 80 Prozent des herausgerissenen Asphalts werden hierzulande zu neuen Straßendecken recycelt." Forscher arbeiteten schon an Rezepturen, um die Recyclingquote auf mehr als 90 Prozent zu treiben. Für das Recycling wird der alte Asphalt zerschreddert, erwärmt und mit ein wenig frischem Bitumen wieder auf die Straße gebracht - ohne Qualitätseinbußen.

Ob und wann Bioasphalt die Qualität fossilen oder recycelten Asphalts erreicht, hängt Wistuba zufolge nicht nur an der Qualität. "Wenn die Preise für den Bitumenrohstoff Erdöl deutlich steigen, wird es einen Entwicklungsschub geben", ist er überzeugt. "Doch wann das passiert, steht in den Sternen."

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