·:Beschleunigter Bann der Klimakiller

20 Jahre nach Abschluss des Montrealer Protokolls zum Schutz der Ozonschicht sollen die FCKW-Nachfolger H-FCKW früher als geplant verboten werden.

Jeanne Rubner

Störrische Regierungen, langwierige Verhandlungen, halbherzige Ergebnisse: Internationale Abkommen sind selten richtige Erfolgsgeschichten. Das "Montrealer Protokoll" allerdings ist eine Ausnahme. Vor genau 20 Jahren unterzeichnet, hat der Vertrag die für die Atmosphäre gefährlichen Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) weitgehend verbannt.

·: FCKW und Nachfolger werden in Kühlschränken eingesetzt.

FCKW und Nachfolger werden in Kühlschränken eingesetzt.

(Foto: Foto: AP)

Diese Rettungsaktion für die löchrige Ozonschicht ist ein Lehrstück, dass in der Natur fast alles mit allem zusammenhängt: Von Montreal führt ein direkter Weg zu Kyoto, weil mit dem Schutz der Atmosphäre zugleich Schaden vom Klima abgewendet wurde. In der kommenden Woche treffen sich nun internationale Umwelt- und Klimaexperten aus Wissenschaft und Politik erneut in Montreal, um Ozonschicht und Klima noch besser zu schützen.

Erste Hinweise darauf, dass die so praktischen Kühl- und Treibgase FCKW ein Loch in die Schutzschicht der Atmosphäre reißen, gab es bereits in den 50er-Jahren. Deutlich wurde der Schwund des Ozonmoleküls, das aus drei Sauerstoffatomen besteht und hoch über der Erde die schädliche UV-Strahlung der Sonne blockiert, aber erst viel später.

1974 legten Forscher, unter ihnen Paul Crutzen vom Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie, den Beweis der Gefahren durch FCKW vor. Satellitendaten bestätigten eine rasch zunehmende Verdünnung der Ozonschicht über den Polen.

Menetekel für eine umweltbewusste Menschheit

Das Ozonloch über der Antarktis, 1985 durch dramatische Bilder dokumentiert, wurde für eine umweltbewusst gewordene Menschheit zum Menetekel. Relativ rasch einigten sich die Staaten auf das Protokoll von Montreal, das "bisher vielleicht wichtigste internationale Umweltabkommen", wie Achim Steiner sagt, der Leiter des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (Unep).

Der Vertrag verpflichtet die inzwischen 191Unterzeichner darauf, FCKW, Halone, Bromide und langfristig auch deren Ersatz, die teilhalogenierten H-FCKW, nicht mehr zu nutzen.

Als erstes Land stieg Deutschland 1994 aus der FCKW-Produktion aus, die Entwicklungsländer haben Zeit bis 2010. Die Ersatzstoffe sollen bis 2030 (2040 für die Entwicklungsländer) nicht mehr verwendet werden, hierzulande dürfen sie bereits jetzt nur noch in Altanlagen ihren Dienst tun.

Montreal wirkte sich nicht nur auf die Ozonschicht segensreich aus, die inzwischen wieder fast so dick ist wie 1980. Auch das Erdklima profitierte, wie Forscher unlängst nachwiesen. Insgesamt sind der Atmosphäre acht Milliarden Tonnen Treibhausgase erspart worden.

Von Montag an kommen Wissenschaftler und Politiker nun erneut in Montreal zusammen, nicht nur um zu feiern. Sie wollen erreichen, dass die klimaschädlichen H-FCKW zehn Jahre früher als geplant verbannt werden.

Damit ließen sich schätzungsweise 18 bis 25 Milliarden Tonnen Treibhausgase einsparen oder 3,5 Prozent jährlich. Das wäre mehr als die fünf Prozent Minderung, die das Kyoto-Protokoll für die Zeit von 2008 bis 2012 vorsieht. Technisch ist das durchaus möglich: Kohlendioxid oder Ammoniak sind ein brauchbarer Ersatz für teilhalogenierte FCKW.

Als Erfolgsrezept für Montreal nennt Unep-Chef Steiner auch den Fonds, der damals eingerichtet wurde: Die reichen Länder unterstützten mit 1,3 Milliarden Dollar die ärmeren. Von einer solchen Hilfe ist nun oft beim Klimaschutz die Rede. Kohlendioxid-Emissionen zu verringern sei aber weitaus schwieriger und teurer, warnt Otmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Dafür reiche es nicht aus, ein paar Substanzen zu verbieten. Der Weg von Montreal nach Kyoto mag direkt sein, kurz ist er nicht.

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