Astronomie:Was die Sonnenfinsternis verrät

  • Eine Sonnenfinsternis kommt dadurch zustande, dass sich der Mond zwischen Erde und Sonne schiebt. Durch einen Zufall erscheint der Durchmesser des Mondes von der Erde aus betrachtet fast genauso groß wie der scheinbare Sonnendurchmesser.
  • Für Wissenschaftler ist die Sonnenfinsternis eine gute Gelegenheit, die Außenhaut der Sonne zu studieren.
  • Auf der Erde könnte sich die besondere Himmelskonstellation auf das Stromnetz und auf die Gezeiten auswirken.

Von Christoph Behrens und Christopher Schrader

Der Philosoph Thales von Milet sagte im sechsten Jahrhundert vor Christus eine Sonnenfinsternis vorher. In Unkenntnis davon rüsteten Meder und Lyder zum Krieg, aber als sich der Himmel über dem Schlachtfeld verdunkelte, schlossen sie lieber Frieden. So erzählt es der griechische Geschichtsschreiber Herodot; ähnliche Vorkommnisse sind bei der Sonnenfinsternis an diesem Freitag wohl kaum zu erwarten.

Die Himmelsmechanik, die solche Ereignisse erlaubt, haben die Menschen schließlich schon längst durchschaut. Durch einen großen Zufall ist der scheinbare Durchmesser des Mondes fast genauso groß wie der der Sonne. Er kann sich daher bei Neumond zwischen die gleißende Scheibe und die Erde schieben. Der Trabant muss dazu in einem der Schnittpunkte seiner leicht geneigten Bahn um die Erde mit dem Orbit der Erde um die Sonne stehen. Diese Punkte erreicht der Mond etwa alle 173 Tage, aber zur Finsternis kommt es nur dann, wenn er gerade in der Neumond-Phase ist. Astronomen haben eine ganze Reihe von Zyklen erkannt, in denen sich Verdunklungen wiederholen. Ein wichtiger ist zum Beispiel 18 Jahre lang.

Eine Sonnenfinsternis diente zur Bestätigung der Relativitätstheorie

Der Mond verdeckt die Sonnenscheibe aber nur in einem kleinen Bereich komplett. Am Freitag wird dieser Kernschatten eine Breite von 462 Kilometern haben. Er rast ab 10:14 Uhr deutscher Zeit in einem Bogen um Grönland herum, zwischen Island und den britischen Inseln hindurch. Land überquert er nur auf den Färöern und Spitzbergen, wo sich die Sonne maximal 167 Sekunden verdunkelt. Dort versammeln sich nicht nur Schaulustige, sondern auch einige Forscher, zum Beispiel vom Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam. Sie wollen den Effekt der Sonnenfinsternis in der oberen Atmosphäre erkunden, sorgen sich aber, dass der momentane Sonnensturm die Messungen verdirbt. Die Sonne ist seit Dienstag sehr aktiv und hat noch über Deutschland Polarlichter erzeugt.

Etliche historische Sonnenfinsternisse sind für die Wissenschaft wichtig gewesen. So dient eine Verdunklung im Jahr 763 vor Christus der Datierung der Ereignisse in assyrischen Chroniken. 1919 lieferte eine Expedition vor die afrikanische Küste Belege für Albert Einsteins allgemeine Relativitätstheorie: Neben der dunklen Sonne waren dort Sterne zu sehen, deren Licht wegen der vorhergesagten Krümmung der Raumzeit durch die Sonnenmasse auf gebogenen Pfaden zur Erde gelangt war. Noch heute untersuchen Wissenschaftler bei Sonnenfinsternis die Eigenschaften der Korona, der äußeren Schicht der Sonne, die sonst vom gleißenden Licht überstrahlt wird.

Eine Gruppe Forscher will die Sonnenfinsternis zudem aus 20 Kilometer Höhe filmen und fotografieren und dafür von Spitzbergen aus einen speziellen Ballon aufsteigen lassen. Dazu hat die Gruppe GoPro-Kameras an dem Ballon angebracht. Auf der Crowdfunding-Plattform Indiegogo sammelt die Gruppe Spenden für das Unterfangen. Von Spitzbergen aus betrachtet dürfte der scheinbare Durchmesser des Mondes (hier mehr zu dieser Größe) größer sein als der der Sonne und somit sämtliches Tageslicht verdecken. Dass eine totale Sonnenfinsternis über den Nordpol streicht, kommt nur alle 500 000 Jahre vor. Aus großer Höhe betrachtet dürfte der Anblick spektakulär ausfallen.

Härtetest für die Stromversorgung

Zu einem ernsten Test wird die Sonnenfinsternis für die Energietechnik. Wenn sich die Sonne verdunkelt, werden in ganz Europa Solarzellen weniger Strom liefern. Das könnte im Prinzip zum Blackout führen. Die Betreiber der Stromnetze haben sich intensiv vorbereitet und halten viele konventionelle Kraftwerke in Bereitschaft. Auch Wind- und Wasserkraft sind nicht betroffen. Etliche Forschungsinstitute haben berechnet, dass die Folgen im Stromnetz sicher zu beherrschen sein werden, eben weil das Ereignis so gut vorherzusehen ist.

Die Sonne-Mond-Konstellation, die zur Sonnenfinsternis führt, wird am Samstag und Sonntag auch die Gezeiten beeinflussen und an vielen Orten einen starken Anstieg des Wasserstands zur Folge haben. Mit einem erwarteten Pegel von 13,45 Meter in der Normandie soll der Unterschied zwischen Flut und Ebbe höher werden als ein vierstöckiges Gebäude. Auch in Großbritannien, Kanada und Australien wird eine besonders hohe sogenannte Springflut erwartet.

Hierzulande ist die Sonnenfinsternis nur partiell zu sehen, vor allem in der Mitte und dem Süden Deutschlands. Im Norden und Nordosten könnten laut Wetterdienst Wolken den Blick versperren, im Westen Hochnebel ihn behindern. Dennoch sollte auch an den Orten mit Wolken niemand versuchen, mit ungeschütztem Auge direkt in die teilweise verdunkelte Sonne zu schauen. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) warnt eindringlich vor bleibenden Schäden an der Netzhaut.

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