Astronomie:Keine zweite Heimat?

Lesezeit: 2 min

Kürzlich konnte man fast den Eindruck gewinnen, als wäre der Planet Gliese 581g für zukünftige Siedlungsprojekte der Menschheit geeignet. Nun zweifeln Forscher an seiner Existenz.

Inga Ludwig

Vor zwei Wochen konnte man den Eindruck gewinnen, als gäbe es auch anderswo im Weltall noch einen Platz für die Menschheit. Astronomen um Steven Vogt berichteten im Fachblatt Astrophysical Journal von einem Planeten, auf dem es sich womöglich leben lässt.

Immer wieder entdecken Astronomen Hinweise auf erdähnliche Planeten. (Foto: dpa)

Der angeblich erdähnliche Planet befindet sich in der Nähe des etwa 20 Lichtjahre entfernten Sterns Gliese 581 und wurde auf den Namen Gliese 581g getauft. Er hat noch weitere Geschwister im Gliese-Sonnensystem.

Den Forschern zufolge soll er drei- bis viermal so schwer wie die Erde sein und sich in der sogenannten bewohnbaren Zone aufhalten, in der die Temperaturen so gemäßigt sind, dass dort eine Atmosphäre und flüssiges Wasser existieren könnten.

Bald war von einer "zweiten Erde" die Rede - doch diese Darstellung entspringt womöglich eher Wunschdenken als physikalischen Fakten. Auf einer Astronomen-Tagung in Turin äußerten Schweizer Wissenschaftler um Francesco Pepe ernsthafte Zweifel an der Entdeckung ( ScienceNow, online). "

Wir sehen keine Hinweise auf diesen Planeten", sagt Pepe. Mit einem Teleskop der Europäischen Südsternwarte in Chile hatten die Forscher denselben Stern beobachtet und dabei keinerlei Hinweis auf Gliese581g gefunden. Dass die Forscher um Pepe den Planeten übersehen haben, ist unwahrscheinlich, ausschließen können sie es natürlich auch nicht, dass der ominöse Planet doch existiert.

Die Ergebnisse lassen Raum für Spekulationen. Planeten in fremden Sonnensystemen aufzuspüren ist nicht einfach. Meist sind sie viel zu klein für eine direkte Beobachtung. Astronomen können sie daher oft nur indirekt nachweisen, indem sie charakteristische Zitterbewegungen der Zentralsterne beobachten.

Wie eine Mutter, die beim Eislaufen ihr Kind um sich herumwirbelt, gerät der Stern durch seinen kleinen Begleiter in eine leichte Schlingerbewegung. Gibt es mehrere umgebende Planeten, wird diese Bewegung noch komplizierter. Für die Wissenschaftler ist es dann eine Herausforderung zu rekonstruieren, wie das Planetensystem tatsächlich aussieht.

Selbst wenn sich die Entdeckung von Gliese 581g bestätigen sollte, ist noch lange nicht klar, ob es sich dabei wirklich um ein gemütliches Plätzchen für Menschen handelt. "Offen ist auch, ob Gliese581g tatsächlich aus festem Gestein besteht und ob er überhaupt eine Atmosphäre besitzt", sagt Eike Guenther, Astronom an der Thüringer Landessternwarte.

Und der Zentralstern Gliese 581 unterscheidet sich stark von der Sonne. Statt mit Sonnenschein bestrahlt er seine Planeten mit heftiger Röntgenstrahlung. Unter diesen Bedingungen würden sich Auswanderer von der Erde auf Dauer nicht wohl fühlen.

© SZ vom 15.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: