Astronomie:Das Riesenauge

Extremely Large Telescope (ELT)

Eine Computersimulation des Extremely Large Telescope (ELT) in der Atacama-Wüste im Norden von Chile.

(Foto: L. Calçada/dpa)

Im Norden Chiles entsteht das weltgrößte optische Teleskop. Das Extremely Large Telescope (ELT) wird fünf riesige Spiegel haben. Es soll Planeten in fremden Sternensystemen erkunden, auf denen es Leben geben könnte.

Ein abgelegener Berggipfel in Chiles Atacama-Wüste wird zum Zentrum eines weltweit einmaligen Projekts. Hier wird nach jahrelangen Vorbereitungen das größte optische Teleskop der Welt gebaut. Mit einem Hauptspiegel von 39 Metern Durchmesser soll es als Riesenauge in den Himmel blicken, um erdähnliche Planeten, Sterne und Galaxien zu beobachten. Das Extremely Large Telescope (ELT) soll auch neue Erkenntnisse über dunkle Materie liefern.

Der 3048 Meter hohe Armazones-Berg befindet sich 130 Kilometer südlich von Antofagasta im Norden Chiles. Vor zwei Jahren wurde die Spitze gesprengt, um eine Plattform für das Teleskop zu errichten. Am kommenden Freitag will Chiles Staatschefin Michelle Bachelet den Grundstein legen. Von 2024 an soll das Teleskop hier das Sternenlicht erblicken.

Das Projekt der Europäischen Südsternwarte Eso hat in der Wüste einen idealen Standort gefunden. Dank der sogenannten Humboldt-Strömung ist die Region fast ständig wolkenfrei. Die Wolken bleiben entweder über dem Pazifischen Ozean oder auf der argentinischen Seite der Anden. In rund 90 Prozent der Nächte ist der Sternenhimmel in der trockenen Wüstenatmosphäre klar.

"Der Sprung von den gegenwärtigen Teleskopen zum ELT ist etwa so groß wie der Sprung von Galileos Auge zu seinem Teleskop", erklärt Tim de Zeeuw, Generaldirektor der Eso. Der Hauptspiegel des ELT wird fünf Mal so groß sein wie der heutiger Riesenteleskope. Zudem wird er 13-mal so viel Licht einfangen können.

Wer findet den ersten bewohnbaren Exoplaneten?

Eines der Hauptziele des Projektes ist die Erkundung von Planeten in fremden Sternensystemen, auf denen es Leben geben könnte. Erst kürzlich machten Entdeckungen bei dem roten Zwergstern Trappist-1 sowie Proxima Centauri Schlagzeilen. Es gibt zurzeit ein Astronomen-Wettrennen, um den ersten bewohnbaren Exoplaneten zu finden.

De Zeeuw ist der Ansicht, dass dieses Ziel innerhalb des nächsten Jahrzehnts erreicht werden kann. "Es ist schon kurios, dass dieses Teleskop in einer der unbelebtesten Ecken der Welt, der Atacama-Wüste, uns dabei helfen kann, Lebenszeichen in anderen Teilen des Weltraums zu finden", sagt der Eso-Generaldirektor. Die Eso, die von 15 europäischen Staaten und Brasilien gegründet wurde und ihren Hauptsitz in Garching bei München hat, verfügt bereits über drei Beobachtungsstandorte in der Atacama-Wüste. Unter anderem betreibt sie dort das Very Large Telescope (VLT), das derzeit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts.

Eigentlich sollte der Hauptspiegel 100 Meter Durchmesser haben

Das ELT wird mit fünf riesigen Spiegeln ausgestattet sein. Der größte, mit 39 Metern Durchmesser, wird aus rund 800 sechseckigen Teilstücken mit jeweils 1,4 Metern Durchmesser bestehen. Sie müssen perfekt zusammenpassen. Der niederländische Astronom de Zeeuw hat mit seinen Kollegen in jahrelanger Überzeugungsarbeit bei den beteiligten Staaten 1,1 Milliarden Euro eingeworben, die zur Finanzierung notwendig sind.

Das ELT-Projekt entstand Ende der 1990er-Jahre, als man sich in der Europäischen Südsternwarte fragte, ob es möglich sei, ein 100-Meter Teleskop zu bauen. Das würde aber drei bis vier Milliarden Euro kosten. Nun begnügt man sich mit einem Durchmesser von 39 Metern.

Das ELT ist aber nicht das einzige Mega-Projekt, um den Himmel besser zu erkunden. In den USA werden zwei Initiativen vorangetrieben. Eine sieht ein 30-Meter-Teleskop des California Institute of Technology auf Hawaii vor. Das zweite Projekt ist das Magellan-Riesenteleskop GMT der Carnegie Institution for Science, das mit seinem Spiegel von 24,5 Metern Durchmesser ebenfalls in Nordchile eingerichtet werden soll.

De Zeeuw glaubt, dass es für die Forschung durchaus nützlich sein kann, mehrere Riesen-Teleskope gleichzeitig zu haben. "Es handelt sich um eine freundliche Konkurrenz. Man arbeitet schneller und besser, wenn man mit jemandem konkurrieren muss. Das ist vorteilhaft für alle", betont er. Zwar wird es noch sieben Jahre bis zu den ersten Bildern und Daten aus dem ELT dauern, aber nach Jahren des Bangens beginnt nun die entscheidende Etappe dieses Rekordprojekts.

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