Artenvielfalt:"Helden-Spitzmaus" bekommt Gesellschaft

Thors Panzerspitzmaus

Thors Panzerspitzmaus (Scutisorex thori)

(Foto: William Stanley et al. Biology Letters (2013))

"Hero Shrew" heißt eine afrikanische Spitzmaus, weil sie eine unglaublich stabile Wirbelsäule hat. Daher auch ihr deutscher Name Panzerspitzmaus. Wissenschaftler haben nun eine verwandte Art entdeckt - und ihr gleich den Namen eines Gottes verpasst.

Von Katrin Blawat

Der einfachste Weg zum Heldentum besteht darin, öffentlich Außergewöhnliches zu leisten, die

Hintergründe für diese Tat aber im Dunkeln zu lassen. Diesen Weg hat ein äußerlich unscheinbares Tier gewählt, eine afrikanische Spitzmaus. Sie trägt den Helden sogar in ihrem englischen Namen: hero shrew, im Deutschen weniger glorifizierend Panzerspitzmaus genannt.

Ihre aus Anekdoten überlieferte Leistung besteht darin, einen 70 Kilo schweren Mann minutenlang auf ihrem Rücken zu tragen und anschließend unbeschädigt davonzulaufen. Dabei wiegt das Tier selbst nicht mehr als gute 100 Gramm.

Wegen ihrer enormen Belastbarkeit wurde die Panzerspitzmaus in ihrer afrikanischen Heimat nicht nur zum Helden, sondern auch zum Talisman ernannt. Wer ein kleines Stück ihres Körpers mit sich herumträgt, der sei unverwundbar, so wird behauptet.

Auch Wissenschaftler zeigen Achtung vor der Panzerspitzmaus, wenn sie die anatomischen Grundlagen ihres enorm belastbaren Rückens beschreiben. Die Panzerspitzmaus hat zehn oder elf Lendenwirbel (der Mensch hat fünf).

Seitlich, oben und unten sind die Wirbel durch knöcherne Fortsätze verbunden. Das, sowie eine starke Rückenmuskulatur, geben Stabilität. Relativ zum Körpergewicht sei die Wirbelsäule viermal so belastbar wie die anderer Wirbeltiere, schreibt ein Team um William Stanley vom Museum für Naturgeschichte in Chicago (Biology Letters, online).

Skelett der Panzerspitzmaus

Der Vergleich mit gewöhnlichen Spitzmäusen (A) zeigt die enorm starke Wirbelsäule der Panzerspitzmaus (B)

(Foto: Allen, J. 1917. Bull. Am. Mus. Nat. Hist.)

Doch gelöst sind die Rätsel um Scutisorex somerenilängst nicht. Wozu braucht die Panzerspitzmaus diesen Rekord-Rücken? Und wie hat er sich entwickelt? Schwierig zu beantworten ist das auch deshalb, weil man bislang keine weitere Arten der Gattung Scutisorex kannte. Daher können Forscher die Evolution der Tiere nur begrenzt nachvollziehen.

Nun aber gebe es "einen neuen Helden", schreiben die Forscher um Stanley. Sie haben eine neue Schwesternart identifiziert und sie "Thors Panzerspitzmaus" genannt (nach dem Biologen Thor Holmes und in Anlehnung an den nordischen Gott Thor).

Das Tier, ein nur 47 Gramm schweres Weibchen aus der Demokratischen Republik Kongo, hat acht Lendenwirbel - also weniger als die bisher bekannte Panzerspitzmaus, aber mehr als andere Wirbeltiere.

Das könnte darauf hinweisen, dass sich die ungewöhnliche Wirbelsäule der Panzerspitzmaus entwickelt hat, indem nach und nach einzelne Wirbel hinzugekommen sind.

Doch wozu das Ganze?

Vielleicht, so vermuten Stanley und seine Kollegen, hat sich der extrem starke Rücken als nützlich erwiesen, um den Tieren ansonsten ungenutzte Nahrungsmöglichkeiten zu eröffnen. Wer einen Menschen tragen kann, der schafft es auch, schwere Steine zu bewegen, wenn darunter zum Beispiel nahrhafte Würmer warten.

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