Artenschutz:Elefantenstoßzähne als Andenken auf der Kommode

Warum erlaubt Deutschland noch immer die Einfuhr privater Jagdtrophäen? Kritiker fordern ein Verbot - doch so einfach ist die Sache nicht.

Von Katrin Blawat

Stoßzähne von Elefanten, Löwenschädel, Leopardenfelle und Rhinozeros-Hörner: Hunderte solcher Körperteile geschützter Tierarten gelangen regelmäßig nach Deutschland - und zwar legal. Es handelt sich um die Trophäen von Großwildjagd-Touristen.

Artenschützer fordern schon lange, die Einfuhr solcher Jagdtrophäen nach Deutschland zu verbieten, um der Großwildjagd ihren Reiz und den gefährdeten Spezies die Bedrohung zu nehmen. Als jüngsten Vorstoß in diese Richtung wurde der Bundesregierung am Mittwoch eine Petition überreicht. Etwa 200 000 Unterzeichner haben sich darin im Internet für ein Import-Verbot für Jagdtrophäen ausgesprochen. "Es müsste jedem einleuchten, wie widersinnig der Import von Jagdtrophäen geschützter Tierarten ist", sagt Daniela Freyer, Artenschutzreferentin von Pro Wildlife. Die NGO war nicht an der Initiierung der Petition beteiligt.

Allein im Jahr 2015 kamen zum Beispiel 62 Stoßzähne afrikanischer Elefanten nach Deutschland, gestorben sind dafür also mindestens 31 Tiere. Im gesamten Jahr 2014 wurden mindestens 626 Jagdtrophäen - außer Stoßzähnen auch Nashorn-Hörner, Felle, Schädel, Schwänze und Füße - eingeführt, wie aus einer Datenbank des Washingtoner Artschutzabkommens Cites hervorgeht. Zwischen 2005 und 2014 kamen unter anderem Trophäen von 417 Leoparden, 195 Löwen, 26 Nashörnern und die Stoßzähne von 323 Elefanten legal nach Deutschland, hat eine Kleine Anfrage der Grünen an die Bundesregierung im Jahr 2015 ergeben.

"Natürlich kann man illegale Geschäfte mit den Trophäen nicht komplett verhindern"

Nach Angaben von Pro Wildlife ist Deutschland nach Spanien das EU-Land mit der zweithöchsten Importquote. Frankreich hingegen hat vor zwei Jahren die Einfuhr von Löwen-Trophäen verboten - ungeachtet des immer wieder angeführten Arguments, die Großwildjagd trage zum Schutz der Tiere bei. Indem sie auch der einheimischen Bevölkerung wirtschaftlich zugutekäme, senke sie den Anreiz auf Wilderei. Zahlreiche Untersuchungen belegen aber, dass dieses Argument tatsächlich so abstrus ist, wie es klingt. Jagdtouristen helfen den Menschen in Westafrika weder auf lokaler noch auf staatlicher Ebene, hat zum Beispiel eine Studie der Weltnaturschutzunion IUCN gezeigt.

Zuständig für die Importerlaubnis nach Deutschland ist das Bundesamt für Naturschutz (BfN). Es untersteht dem Bundes-Umweltministerium und kann kein generelles Einfuhrverbot aussprechen. Das wäre Sache der Bundesregierung. Doch in der Anwendung der Kriterien, nach denen die BfN-Mitarbeiter ihre Entscheidungen ausrichten müssen, liegt Spielraum. Denn nur auf den ersten Blick wirken diese Kriterien eindeutig: Die Trophäen dürfen nicht verkauft werden, sondern nur für den Privatbesitz bestimmt sein. Zudem muss die Jagd legal gewesen sein und darf dem Erhalt der betroffenen Art nicht schaden.

Doch das lässt reichlich Platz zur Interpretation. "Natürlich kann man illegale Geschäfte mit den Trophäen nicht komplett verhindern", sagt Michael Müller-Boge, Leiter der Abteilung Artenschutzvollzug des BfN. Und wie lässt sich von Berlin aus schon sicherstellen, dass ein Großwildjäger alle vorgeschriebenen Auflagen eingehalten hat in einem Land wie etwa Simbabwe, das unter enormer Korruption leidet? Ebenso schwer fallen dürfte ein Urteil darüber, ob die Jagd nachhaltig gewesen ist. Dazu bräuchte es verlässliche Zahlen zu den Populationsgrößen im Ursprungsland. Die gibt es oft nicht. An die Basisdaten zu kommen, sei "manchmal schwierig", räumt Müller-Boge ein und sagt: "Entscheidungen werden auf Grundlage der vorliegenden Daten getroffen." Diese Haltung kritisiert Freyer von Pro Wildlife: "Da macht es sich das BfN zu leicht. Es hätte gute Rechtsgrundlagen, um Einfuhren zu verbieten."

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