Archäologie:Wo der "Vater der Himmelsscheibe" begraben liegt

Das Rätsel der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe von Nebra ist eines der bedeutendsten archäologischen Fundstücke der letzten Jahre.

(Foto: obs)
  • Archäologen haben in Sachsen-Anhalt Hinweise auf das Grab eines Fürsten gefunden, der vor mehr als 3800 Jahren lebte.
  • Der Herrscher ließ möglicherweise die "Himmelsscheibe von Nebra" fertigen.
  • Das Artefakt gilt als früheste konkrete Darstellung des Himmels.

Auf einem Feld bei Dieskau in Sachsen-Anhalt haben Archäologen möglicherweise das gut 3800 Jahre alte Grab des Herrschers entdeckt, der die Himmelsscheibe von Nebra besaß. "Gewissheit, dass hier der 'Vater der Himmelsscheibe' lag, wird die Auswertung der Goldanalysen der Grabbeigaben bringen", sagte Landesarchäologe Harald Meller an der Grabungsstelle. "Sollte die Zusammensetzung des Goldes identisch mit dem der Himmelsscheibe sein, ist der komplette Beweis erbracht." Das Ergebnis werde Anfang 2016 erwartet. Die Himmelsscheibe zählt zu den bedeutendsten archäologischen Funden des 20. Jahrhunderts.

"Ein Hügel von derartig gigantischen Ausmaßen konnte nur für einen superreichen Herrscher gebaut werden", sagte Meller. Der Mann habe vor etwa 3800 bis 3900 Jahren gelebt. Die Region kontrollierte den Fernhandel zwischen Süd und Nord und gelangte so zu Reichtum. Bei akribischen Untersuchungen und Nachgrabungen im Juli 2014 und von Mai bis August 2015 wurden Reste des als "Bornhöck" bekannten Hügels gefunden. Das Fürstengrab wurde im 19. Jahrhundert im Zuge des Braunkohleabbaus fast vollständig abgetragen.

Früher Kalender für das Sonnenjahr

Die Ausgräber fanden neben der leeren Grabkammer unter anderem Werkplätze für Holzbalken, Steinschlagplätze, Trampelwege der Bauarbeiter sowie Fahrspuren der Karren für den Transport des Baumaterials. Die Grabkammer wurde dachförmig aus doppelt gestellten, massiven Eichenbohlen errichtet. "Um die Grabkammer vor Grabräubern zu schützen, wurde sie mit tonnenschweren Steinblöcken abgedeckt", erklärte Meller.

Über den Steinen wurden Tausende Kubikmeter Erde angehäuft. Dies war keine gewöhnliche Erde, sondern der Boden einer älteren frühbronzezeitlichen Siedlung, durchsetzt mit vielen Tausend Knochen und Scherben. Das Hügelgrab wurde um 1874 geplündert und die goldenen Grabbeigaben - ursprünglich 13 Stücke - verkauft. Von dem mehr als einen Kilogramm schweren Goldschatz sind fünf Stücke, vier Armringe und ein Beil, erhalten geblieben. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges lagen diese Funde in den Staatlichen Museen in Berlin, jetzt im Puschkin-Museum Moskau. Vor einigen Wochen konnten dort Vergleichsproben der Beigaben genommen werden.

Die Himmelsscheibe wurde vor etwa 3600 Jahren vergraben. Sie gilt als die älteste noch erhaltene konkrete Darstellung des Himmels und war mehrere Jahrhunderte lang in Benutzung. Wozu das Artefakt diente, ist nicht zweifelsfrei geklärt. Klar ist, dass die Scheibe als Kalender zur Verfolgung des Sonnenjahrs genutzt werden konnte. Vom Mittelberg in Sachsen-Anhalt aus betrachtet, markierte die Scheibe, nach Norden gehalten, den Berg Brocken. An dieser Stelle geht die Sonne zur Sommersonnenwende unter. Zudem sind mythologische Elemente auf der Scheibe zu sehen, was eine rituelle oder religiöse Bedeutung nahelegt.

Sondengänger hatten die Scheibe 1999 illegal ausgegraben und verkauft. 2002 wurde der Schatz sichergestellt, seit 2008 ist er im Landesmuseum in Halle zu sehen.

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