Archäologie:Quadratische Ziegen

Erst sank der Wasserstand des Orinocos, dann stieg eine Drohne in die Luft und machte spektakuläre Aufnahmen von 2000 Jahre alten Felsbildern an der Westgrenze Venezuelas. Nun rätseln Forscher über die Bedeutung dieser Kunstwerke.

Von Christian Weber

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(Foto: Philip Riris)

Die Kamera nähert sich vom Fluss her, fliegt über eine wilde Wasserlandschaft auf eine Insel zu - bucklige, glatte Felsen, umrahmt vom Dschungel. Dann kommt sie zum Stehen, senkt sich und zeigt ihr Zielobjekt, ein riesiges, in den Stein geritztes Bild: Überlebensgroß Ziegen mit quadratischem Körper und Ringelschwanz, Käfer, Schildkröten, Mäuse und - ganz klein - ein paar Menschen. Große Felskunst, zu sehen auf der Insel Picure in den Raudales de Atures, einer Region am Orinoco, in der früher das indigene Volk der Adoles lebte.

Mithilfe von Drohnen hat der Archäologe Philip Riris vom University College London kürzlich entdeckte Felsbilder an der Westgrenze Venezuelas vermessen, fotografiert und in der Fachzeitschrift Antiquity vorgestellt. Einige dieser Erkundungsflüge kann jeder nachvollziehen.

Die vermutlich 2000 Jahre alten Petroglyphen befinden sich auf insgesamt fünf Inseln. Sie kamen zum Teil nur deshalb zum Vorschein, weil der Orinoco einen historisch niedrigen Wasserstand hatte. Dank der Drohnen gelangen die Aufnahmen von den schwer zugänglichen Orten. Insgesamt 209 kunstvolle Darstellungen von Tieren, Menschen und kulturellen Ritualen hat Riris dokumentiert. Das größte Bildtableau ist 304 Quadratmeter groß und besteht aus 93 Gravuren. Eindrucksvoll ist das Bild einer 30 Meter langen Hornviper.

Über die Bedeutung der Felsbilder lässt sich nur spekulieren. So weiß man, dass die Raudales de Atures früher eine Region waren, in der sich viele Ethnien und Kulturen begegneten, in der das saisonale Steigen und Fallen des Flusspegels wichtig für Transport und Reisen war. Womöglich spielten die Bilder eine Rolle bei Ritualen, in denen dieser natürliche Rhythmus gefeiert wurde.

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