Arafat und das Polonium-210:Genug Stoff für eine Verschwörungstheorie

Es ist offen, ob der Palästinenserführer Jassir Arafat mit einem radioaktiven Schwermetall vergiftet wurde. Ausschließen lässt es sich noch nicht - immerhin wurde ein ehemaliger KGB-Agent 2006 tatsächlich auf diese Weise ermordet. Anhängern von Verschwörungstheorien genügt das. Die Geschichte um Arafat hat sich eingereiht in die Theorien, die sich hartnäckig halten. Ein Überblick.

Von Markus C. Schulte von Drach

Arafat und das Polonium-210

Jassir Arafat

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(Foto: REUTERS)

Es ist offen, ob der Palästinenserführer Jassir Arafat mit einem radioaktiven Schwermetall vergiftet wurde. Ausschließen lässt es sich noch nicht - immerhin wurde ein ehemaliger KGB-Agent 2006 tatsächlich auf diese Weise ermordet. Anhängern von Verschwörungstheorien genügt das. Die Geschichte um Arafat hat sich eingereiht in die Theorien, die sich hartnäckig halten. Ein Überblick von Markus C. Schulte von Drach. Jassir Arafat im Oktober 2004, zwei Wochen vor seinem Tod. Ist der  ehemalige Palästinenserpräsident damals einem Giftmord zum Opfer gefallen? In der Wäsche des verstorbenen Politikers haben Schweizer Experten 2012 Spuren der radioaktiven Substanz Polonium-210 entdeckt. Nun soll Arafats Leiche selbst untersucht werden. Ist der Mordverdacht nur das Hirngespinst von Arafats Witwe und willkommener Gegenstand für Verschörungstheorien? Immerhin wurde zwei Jahre nach Arafats Tod der ehemalige KGB-Agent Alexander Litwinenko in London tatsächlich mit Polonium-210 vergiftet. Das radioaktive Schwermetall war offenbar in einem Tee enthalten, den der Russe bei einem Treffen mit einem anderen ehemaligen KGB-Mann, Andrej Lugowoi, trank. Stoff genug für eine neue Verschwörungstheorie, die vermutlich selbst dann, wenn sich der Verdacht im Fall Arafat nicht bestätigte, nicht so bald sterben wird. Das belegen andere Verschwörungstheorien, an denen etliche Menschen hartnäckig festhalten.

Arafat und das Polonium-210

11. September 2001

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(Foto: US Navy)

Der Terroranschlag vom 11. September 2001 wurde nach Meinung vieler Verschwörungstheoretiker nicht von islamistischen Terroristen verübt, sondern von der CIA, möglicherweise sogar im Auftrag des Weißen Hauses. Bomben hätten die Türme des World Trade Centers zerstört, nicht die Flugzeuge allein, die in die Hochhäuser gerast waren. Und das Pentagon wurde nicht von einem Flieger getroffen. Denn es gebe schließlich keine Trümmer. Die gab es schon, wie das Foto vom Ort des Anschlags zeigt. Aber das ist natürlich auch gefälscht. Die Regierung oder der Geheimdienst oder beide hatten den Verschwörungstheoretikern zufolge das Ziel, ihre Warnungen vor islamistischen Fundamentalisten zu untermauern. Zwar tragen die Geheimdienste und Sicherheitsbehörden offenbar tatsächlich einen Teil der Verantwortung dafür, dass es soweit kommen konnte - aber anders, als die Verschwörungstheoretiker behaupten. Sie hatten schlicht und einfach versagt.

Arafat und das Polonium-210

Obama ist kein US-Bürger

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(Foto: Getty Images)

Artikel 2, Absatz 1 der amerikanischen Verfassung bestimmt, dass nur in den USA geborene Personen zum Präsidenten gewählt werden dürfen. Viele Amerikaner waren überzeugt, das dies für Barack Obama nicht gilt. Bereits bevor Obama zum ersten Mal zum Präsidenten gewählt wurde, war deshalb seine Geburtsurkunde veröffentlicht worden. Demnach ist er der Sohn einer US-Bürgerin aus Kansas und eines Kenianers. Und geboren wurde er in der Stadt Honolulu im US-Bundesstaat Hawaii. Doch noch immer haben einige Obama-Gegner Zweifel. Manche halten ihn außerdem für einen Muslim - obwohl er eigenen Angaben zufolge Christ ist.

Arafat und das Polonium-210

Die Protokolle der Weisen von Zion/Die jüdische Weltverschwörung

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(Foto: REUTERS)

Eine der schlimmsten und folgenreichsten Verschwörungstheorien ist die von einer jüdische Geheimorganisation, die nach der Weltherrschaft strebt. Als Beleg für ihre Existenz werden bis heute die sogenannten Protokolle der Weisen von Zion angeführt. Aufgetaucht sind diese Papiere über ein angebliches Treffen von zwölf jüdischen Führern Anfang des 20. Jahrhunderts in Russland. Bereits 1920 deckte der britische Journalist Philip Graves auf, dass große Teile der "Protokolle" abgeschrieben waren aus einem Buch des Franzosen Maurice Joly. Andere Teile stammen aus einem Roman von Herrmann Goedsche von 1868. Obwohl es sich also um eine Fälschung handelt - möglicherweise angefertigt von einem Mitarbeiter des zaristischen Geheimdienstes - beriefen sich die Nazis für ihre antisemitische Propaganda auf die Protokolle. Auch die palästinensische Hamas verweist in ihrer Charta darauf. Und der Holocaust-Leugner und Bischof der Pius-Bruderschaft Richard Williamson erwähnt sie in einem Brief (Our Lady of Fatima, 1. Mai 2000) so, als seien sie authentisch.

Arafat und das Polonium-210

Wer ermordete John F. Kennedy?

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(Foto: Associated Press)

Am 22. November 1963 wurde in Dallas US-Präsident John F. Kennedy erschossen. Schnell war offiziell Lee Harvey Oswald als Mörder identifiziert worden. Doch war er tatsächlich ein Einzeltäter? Oder deuten die wenigen Aufnahmen, die es von dem Anschlag gibt, auf mehrere Attentäter hin? Bis heute sind viele Menschen davon überzeugt, dass die Mafia hinter dem Mord steckt, die Exil-Kubaner oder sogar Kennedys Vizepräsident Lyndon B. Johnson. Doch trotz aller Widersprüche - bis heute konnte keine der vielen Verschwörungstheorien so stichhaltige Beweise vorlegen, dass sie überzeugender ist als die offizielle Darstellung vom kommunistischen Einzeltäter.

Arafat und das Polonium-210

Der Mensch war nie auf dem Mond

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(Foto: dpa)

Die US-Astronauten Neil Armstrong und Edwin 'Buzz' Aldrin am 21. Juli 1969 auf dem Mond. Oder doch nicht? Erste Zweifel daran gab es schon in den siebziger Jahren. Bis heute glauben manche Menschen, die Astronauten hätten die US-Fahne in einem Filmstudio gehisst. Verschiedene Schatten sollen etwa auf Scheinwerfer als Lichtquellen hindeuten. Und wieso weht die Flagge, wenn es doch keinen Wind gibt auf dem Mond? Aber bislang konnten noch alle diese Fragen geklärt werden - und schließlich haben auch die Sowjets nie an der Landung der Amerikaner auf dem Erdtrabanten gezweifelt. Und sie hätten eine Täuschung schon damals aufdecken können.

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Außerirdische, Ufos und die Area 51

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(Foto: iStockphoto)

Aliens besuchen uns bekanntlich immer wieder, gelegentlich stürzen ihrer Raumschiffe sogar ab. So geschehen etwa 1947 in der Nähe von Roswell in New Mexico. Und spätestens seit diesem Zeitpunkt ist das Wrack eines Ufos in der Hand des US-Militärs. Und sogar die Leiche eines Außerirdischen wurde damals geborgen. Oder lebt der "Grey", wie ihn Kenner nennen, sogar noch und wird in der Area 51 festgehalten? Es ist eine der beliebtesten Verschwörungstheorien, und gelegentlich wird sie durch gefälschte Autopsien toter Außerirdischer unterfüttert. Doch weder für den Absturz des Roswell-Ufos noch für die Existenz von Aliens überhaupt gibt es Beweise, die einer Überprüfung standhalten. Auffällig ist übrigens, dass die bisher gesichteten Besucher von anderen Planeten uns Menschen - trotz aller Unterschiede - doch sehr ähnlich sind. Warum sollte das so sein, wenn sie und wir das Produkt völlig unterschiedlicher Evolutionsprozesse sein dürften? Zu dem Zuviel an Fantasie der Ufo-Gläubigen kommt demnach ein Zuwenig an Fantasie, was deren Aussehen angeht. Auch die Bewohner des Planeten Pandora in Avatar sind den Menschen geradezu lächerlich ähnlich. Im Vergleich zu diesem Humbug wirkt Man in Black wie eine wissenschaftliche Dokumentation.

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Freimauer, Illuminaten und die neue Weltordnung

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(Foto: AFP)

Geheimbünde haben es so an sich, dass man wenig von ihnen weiß. Das lässt viel Raum für Spekulationen, und der wird von Verschwörungstheoretikern dankbar genutzt. Vor allem, wenn es um die Freimaurer geht, und noch mehr in Bezug auf die Illuminaten. Mitglieder dieser Organisationen streben angeblich danach, Regierungen und Unternehmen so zu lenken oder sogar zu kontrollieren, dass sie letztlich die Weltpolitik in ihrem Sinne beeinflussen können. Wie weit es gerade die Illuminaten schon gebracht haben, soll etwa die Verbreitung von Symbolen wie dem christlichen "Allsehenden Auge" widerspiegeln, die in Flaggen, Siegeln oder wichtigen Dokumenten auftauchen. Prominentes Beispiel ist das Siegel der Vereinigten Staaten von Amerika, dessen Rückseite dieses "Allsehende Auge" schmückt, zusammen mit einer Pyramide und dem Schriftzug "Novus Ordo Seclorum" (Neuordnung der Zeit). Auch auf dem Ein-Dollar-Schein tauchen sie auf, diese geheimnisvollen Hinweise auf ... ja, was eigentlich? Sollten die Illuminaten, die sonst so sehr auf Geheimhaltung versessen sind, sind sich auf diese plumpe Weise verraten? Nein, es gibt bessere Erklärungen für die Symbole. Und wer sie wirklich sucht, findet sie auch.

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HI-Virus als Erfindung der CIA

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(Foto: N/A)

Der CIA ist eine Menge zuzutrauen - schließlich hat der Geheimdienst in der Vergangenheit tatsächlich illegale Menschenexperimente unternommen. Dass die Organisation aber auch das HI-Virus entwickelt und Menschen damit infiziert hat, ist vermutlich eine Behauptung, die aus dem Umfeld des Feindes im Kalten Krieg stammt, dem sowjetischen Geheimdienst KGB und dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR. Der Aids-Erreger, so hieß es 1985 in der sowjetischen Zeitung Literaturnaja Gazeta sei womöglich im Biowaffeninstitut der US-Armee in Fort Detrick entwickelt worden. Jakob Segal, Wissenschaftler an der Humboldt-Universität im damaligen Ost- Berlin, verbreitete die Behauptung 1986 auf der Konferenz der blockfreien Staaten in Simbabwe. Ob er von den Geheimdiensten manipuliert worden war, oder ob diese die Idee des Wissenschaftlers aufgriffen, um Stimmung gegen die USA zu machen, ist unklar. Seriöse Wissenschaftler sowohl im Westen als auch im Osten widersprachen Segal sofort. Inzwischen weiß man, dass das HI-Virus sich aus Keimen entwickelt hat, die afrikanische Affen befallen.

Arafat und das Polonium-210

Bill Gates ist der Teufel

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(Foto: AFP)

Sein Name beweist, dass der Microsoft-Gründer der leibhaftige Teufel ist. Denn wenn man die Buchstaben Bill Gates III in Werte der Zeichenkodierung ASCII (American Standard Code for Information Interchange) umwandelt, erhält man Folgendes: B  /  I   /  L  /  L  / G  /  A /  T  /  E  /  S  und III (3) Umgewandelt entspricht das 66 / 73 / 76 / 76 / 71 / 65 / 84 / 69 / 83 und schließlich die 3 für III. Die Summe aus diesen Zahlen ergibt 666. Und wie der absolut glaubwürdige Johannes in seiner kristallklar formulierten Offenbarung (Neues Testament) aufgedeckt hat, ist dies die Zahl des Teufels. Nun, eigentlich ist es "die Zahl des Tieres", und es ist "eines Menschen Zahl". Was auch immer. Jedenfalls steht die Zahl für das Böse. Und wer einmal mit Windows-Fehlermeldungen wie Stop: 0x0000000A konfrontiert wurde, hält die Erkenntnis, dass Johannes bereits vor fast 2000 Jahren vor Bill Gates warnte, für überzeugend. Skeptiker fragen allerdings, wieso die Verschwörungstheoretiker die III (3) dazuzählen, wenn sie den Namen sonst in der verkürzten Form (Bill statt William) übersetzen? Dass die Entschlüsselung nur funktioniert, wenn man die Symbole für Großbuchstaben verwendet, liegt auf der Hand. Denn es geht ja schließlich um das BÖSE!

Arafat und das Polonium-210

Lady Di wurde ermordet

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(Foto: AP)

Es war ein tragischer Unfall, als Lady Diana, Ex-Frau des britischen Prinzen Charles, und ihr Freund Dodi al-Fayed im August 1997 bei einem Unfall in Paris starben. Die Umstände sind aufgeklärt: Ihr Chauffeur stand unter Alkoholeinfluss und verlor die Kontrolle über den Wagen, als er versuchte, aufdringliche Paparazzi abzuhängen. Doch der Vater von Dianas Freund, der ägyptische Warenhaus- und Hotelmillionär Mohammed al-Fayed, behauptete wiederholt, das Liebespaar sei ermordet worden. Hinter dem Anschlag steckten seiner Meinung nach unter anderem Prinz Philip, Prinzgemahl von Königin Elisabeth II., und der britische Geheimdienst MI5. Bis heute gibt es Menschen, die dieser Verschwörungstheorie anhängen. Weniger brisant, aber genauso bizarr sind die Berichte von Menschen, die Rock'n'Roll-Legende Elvis Presley nach dessen "offiziellem" Tod am 16. August 1977 gesehen haben wollen. Paul McCartney von den Beatles dagegen ist schon in den sechziger Jahren gestorben. Der Mann, der unter seinem Namen auftritt, ist ein Doppelgänger. Das zeigen etliche Hinweise auf den Plattencovern und Liedern der Band sowie auf Fotos.

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