Antrag britischer Wissenschaftler:Forscher wollen Embryo aus Mensch und Kuh

Britische Wissenschaftler planen, Embryos aus menschlicher DNA und tierischen Eizellen für die Stammzellenforschung zu züchten. Deutsche Forscher kritisierten das Vorhaben.

Tina Baier und Wiebke Rögener

Die Wissenschaftler von der Universität Newcastle und des Londoner King's College, die eine Erlaubnis für drei Jahre beantragt haben, wollen menschliches Erbgut in Eizellen von Kühen einschleusen.

Stammzellen

Vor allem Parkinson-Kranke setzen große Hoffnung in die Stammzellenforschung.

(Foto: Foto: AFP)

Die daraus entstehenden Embryonen wären nach ihren Angaben zu 99,9 Prozent menschlich. Aus diesen Embryonen sollen sogenannte Stammzellen gewonnen werden. Der Traum aller Stammzellforscher ist es, aus solchen Zellen eines Tages Ersatzgewebe für schwerkranke Menschen herzustellen.

Bei der Parkinson-Krankheit etwa sind wichtige Nervenzellen im Gehirn zerstört. Wäre es möglich, sie mit Hilfe von Stammzellen zu erneuern, könnte man die Krankheit heilen. "Die Stammzellforschung verspricht enorme medizinische Fortschritte und wir hoffen, dass wir dazu beitragen, neue Therapien zu entwickeln", sagt Antragsteller Lyle Armstrong.

Dass sie für ihre Forschung Misch-Embryonen aus Mensch und Kuh erzeugen wollen, begründen die Forscher damit, dass Eizellen von Kühen leichter zu bekommen sind als Eizellen von Menschen. Weil das Verfahren uneffektiv ist, wären Tausende Embryonen notwendig, um tatsächlich Stammzellen zu gewinnen.

Menschliche Eizellen stehen aber kaum zur Verfügung: zum einen, weil ihre Verwendung zu Forschungszwecken ethisch umstritten ist, zum anderen, weil sich kaum Frauen finden, die die dafür notwendige Operation über sich ergehen lassen wollen.

Unter Umständen wären solche Experimente auch in Deutschland möglich. "Ob sie genehmigungsfähig wären, ist nicht ohne gründliche Prüfung durch die zentrale Ethikkommission zu klären", sagt Susanne Glasmacher, Sprecherin des Robert-Koch-Instituts, das für die Prüfung von Versuchen mit menschlichen Stammzellen zuständig ist.

Tatsächlich ist ein solcher Fall im Embryonenschutzgesetz nicht vorgesehen. Auf die Idee, einen - fast - menschlichen Embryo mit Hilfe einer Tierzelle herzustellen, sind die Gesetzgeber nicht gekommen.

Zwar seien ihr die Versuche im Einzelnen nicht bekannt, sagt die Juristin Kristiane Weber-Hassemer, Vorsitzende des Nationalen Ethikrates. "Doch erscheint mir das Projekt ethisch hochproblematisch. Ich hätte erhebliche Bedenken, so etwas in Deutschland zuzulassen."

Der Kölner Stammzellforscher Jürgen Hescheler hält es nicht für sinnvoll, menschliches Erbgut in die Eizelle einer Kuh zu übertragen. "Wenn das Ziel ist, Zellen für die Therapie von Patienten zu gewinnen, müsste man mit menschlichen Eizellen arbeiten", sagt er.

Denn die Stammzellen aus den Misch-Embryonen enthielten noch Eiweiße aus der Kuh, die Abstoßungsreaktionen bei den Patienten auslösen könnten. Ginge es dagegen um Grundlagenforschung, könne man besser nur mit Tieren arbeiten, etwa Erbgut aus der Maus in Eizellen von Ratten einschleusen.

Eckhard Wolf, Klonforscher der Universität München, hält den Ansatz der Briten zudem für "nicht zeitgemäß". Um den Verbrauch menschlicher Eizellen zu vermeiden, gebe es bessere Wege. So arbeiten Wissenschaftler daran, Körperzellen biochemisch so umzuprogrammieren, dass sich daraus Stammzellen gewinnen lassen.

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