Alarmsignal:Rekordschmelze am Nordpol

Wissenschaftler von zwei Nasa-Zentren berichten, dass die Eisdecke am Nordpol in einem ungeahnten Ausmaß während der vergangenen beiden Jahre zurückgegangen ist.

cris

"Freiheit für Grönland - weg mit dem Packeis". Allmählich scheint es, als würde sich diese sinnfreie Forderung der Sponti-Szene erfüllen.

Wissenschaftler von zwei Nasa-Zentren berichten jedenfalls davon, dass die Eisdecke am Nordpol in einem ungeahnten Ausmaß während der vergangenen beiden Jahre zurückgegangen ist.

Zum einen sei das mehrjährige Eis, das sonst die Schmelzphase im Sommer übersteht, im Lauf des Jahres 2005 um 14 Prozent zurückgegangen, zum anderen habe auch die maximale Eisdecke in den vergangenen beiden Wintern um jeweils sechs Prozent abgenommen.

Der Rückgang ist damit beim Sommereis 20-mal, beim Wintereis sogar 40-mal so groß wie der jährliche Durchschnittswert aus Satellitenmessungen.

Die Fläche des mehrjährigen Eises, das über drei Meter dick sein kann, sei insgesamt um 720.000 Quadratkilometer geschrumpft, so Son Nghiem und seine Kollegen vom Jet Propulsion Laboratory der Nasa (Geophysical Research Letters, Bd. 33, L17501, 2006).

Das entspricht gut der zehnfachen Ausdehnung Bayerns. Verantwortlich dafür könnten neben der Erwärmung der Region auch ungewöhnliche Winde gewesen sein.

Sie haben das Eis offenbar aus dem Osten der Arktis im Westen zusammengeschoben, also von der Region zwischen Grönland und Spitzbergen an die Nordküste Amerikas.

Die Abnahme der Fläche sei ein Alarmzeichen, so die Forscher. Weil Eis Sonnenlicht besser reflektiert als freies Wasser, beschleunigt sich die Erwärmung am Nordpol, das Einfrieren im Herbst verzögert sich um zwei Wochen.

Darum hat sich womöglich auch die Menge des Wintereises so stark verringert, wie es Joey Comiso vom Goddard Space Flight Center der Nasa festgestellt hat (Geophysical Research Letters, im Druck).

Das hat auch großen Einfluss auf die Fischbestände, erklärt der Forscher: "Wenn das Eis schmilzt, bildet sich eine Süßwasserlage auf dem Meer. Biologen sehen darin die ideale Schicht für das Wachstum von Phytoplankton." Da diese Kleinstlebewesen Grundlage aller Nahrungsketten im Meer sind, bedeutet weniger Eis auch weniger Fisch.

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