Tiere im Film:Wenn der Affe die Zähne fletscht

Tiere im Film: In dem 2004 erschienenen Film "Funky Monkey - Ein Affe in geheimer Mission" soll der gutmütige Schimpanse Clemens zur Kampfmaschine trainiert werden.

In dem 2004 erschienenen Film "Funky Monkey - Ein Affe in geheimer Mission" soll der gutmütige Schimpanse Clemens zur Kampfmaschine trainiert werden.

(Foto: imago)
  • Forscher haben untersucht, wie oft vom Aussterben bedrohte Primaten auch heute noch als Akteure in Kinofilmen auftreten und wie sie dargestellt werden.
  • Dazu schauten sie sich 17 905 Trailer englischsprachiger Kinofilme an.
  • Die Auftritte seien eine Zumutung für die tierischen Schauspieler und wirkten sich negativ auf den Schutz ihrer wild lebenden Artgenossen aus.

Von Tina Baier

Mit Tarzan und Cheeta fing alles an. Der Schimpanse spielte in den 1930er und 1940er Jahren in zwölf Tarzanfilmen mit und war dabei so erfolgreich, dass die eigentlichen Hauptdarsteller neben ihm oft verblassten. Aus Sicht des Tierschutzes sind Szenen wie die, in der sich Cheeta betrinkt und dann rülpsend auf Tarzan zutorkelt fragwürdig. Und zwar nicht nur, weil Filmaffen vermutlich alles andere als artgerecht gehalten werden, sondern auch wegen des falschen Bildes, das solche Szenen von Primaten vermitteln, von denen die meisten vom Aussterben bedroht sind. Cheeta beispielsweise wurde in Wahrheit von vielen verschiedenen Schimpansen gespielt, unter anderem deshalb, weil keines der Tiere all die Fähigkeiten hatte, die das Drehbuch abverlangte.

"Es ist unethisch, Primaten in der Filmindustrie einzusetzen", sagt Brooke Catherine Aldrich vom Neotropical Primate Conservation Windrush in der englischen Grafschaft Cornwall. Die Wissenschaftlerin hat mit einem Team von Mitarbeitern untersucht, wie oft vom Aussterben bedrohte Primaten auch heute noch als Schauspieler in Kinofilmen auftreten und wie sie dargestellt werden. Grundlage waren 17 905 Trailer englischsprachiger Kinofilme, die zwischen 1993 und 2013 erschienen sind und von der Classification and Rating Administration (Cara) bewertet wurden. Die Cara ist ein Gremium, das unter anderem die Altersempfehlung festlegt.

Was, Schimpansen sind vom Aussterben bedroht? Die spielen doch ständig in Filmen mit

Primaten kamen demnach zwar nur in 0,39 Prozent der Filme als Schauspieler vor, schreibt Aldrich in der Fachzeitschrift Anthrozoös. Dennoch sei das Thema relevant, weil Millionen Menschen, darunter auch viele Kinder, die Auftritte gesehen haben. Am häufigsten - nämlich in 42 Prozent aller Szenen mit Primaten - spielen Schimpansen in Kinofilmen mit: etwa in "Wolf of Wall Street" aus dem Jahr 2013, in "Grandma's Boy" (2006), "Funky Monkey - ein Affe in geheimer Mission" (2004), "Projekt Spymate - Geheimaffe im Einsatz" (2003), "Race to Space - Mission ins Unbekannte" (2001), "Space Cowboys" (2000), "Being John Malkovich" (1999) und "Schweinchen Babe in der großen Stadt" (1998). In der Hälfte der untersuchten Trailer sind die Tiere wie Menschen angezogen, wie der Affe aus "Wolf of Wall Street", der ein blaues T-Shirt trägt oder die Primaten in Babe. Am zweithäufigsten treten mit 33 Prozent Kapuzineraffen auf, gefolgt von Makaken und Pavianen (13 Prozent), Orang-Utans, Lemuren und Gorillas. Letztere kommen zwar häufig in Filmen vor, in der Regel aber nur als Attrappen.

In vielen der analysierten Szenen zeigen die Primaten-Schauspieler der Studie zufolge eine Art Grinsen, bei dem die Tiere die Zähne entblößen. Die meisten Menschen interpretieren diesen Gesichtsausdruck als Lachen und so wird es auch in den Kinofilmen dargestellt. In Wahrheit ist dieses Zähnezeigen aber ein Ausdruck von Unterwerfung oder sogar Angst. "Man fragt sich schon, wie die Tiere darauf trainiert werden, diesen Gesichtsausdruck vor der Kamera zu zeigen", schreiben die Studienautoren. "Werden die Tiere aktiv in Angst versetzt?" Dass die meisten Menschen dieses Grinsen völlig falsch deuten, zeigt auch das You-Tube-Video "Monkey putting on Makeup", in dem ein Makake namens Angel immer wieder grinst, während die Besitzerin das Tier schminkt. Wenn man weiß, was das Grinsen bedeutet, ist das Video schwer erträglich - dennoch gibt es zahlreiche Kommentare wie "She loves it!" - "Das gefällt ihr!"

Auch im Kino werden die Primaten oft stark vermenschlicht. Nach Analyse der britischen Wissenschaftler müssen sie sich in 58 Prozent der Szenen auch noch benehmen wie Menschen, etwa indem sie Zähne putzen oder Snowboard fahren. Solche Auftritte sind nach Ansicht der Autoren nicht nur eine Zumutung für die tierischen Schauspieler, sie wirken sich auch negativ auf den Schutz ihrer wild lebenden Artgenossen aus. Als Beleg dafür führt Aldrich eine Umfrage unter amerikanischen Zoobesuchern aus dem Jahr 2008 an. 91 Prozent der Befragten wussten, dass Orang-Utans vom Aussterben bedroht sind. Aber nur 66 Prozent war klar, dass dies auch für Schimpansen gilt. Wer der Meinung war, Schimpansen seien nicht gefährdet, gab häufig an, die Tiere seien schließlich ständig in Filmen zu sehen.

Wird ein Tier im Film berühmt, ist es auch als Haustier begehrt

Dazu passt die Beobachtung der Studienautoren, dass im Unterschied zu allen anderen Primatenarten der Einsatz von Orang-Utans im Vergleich zu Filmen, die vor 1990 erschienen sind, zurückgegangen ist: Ausnahmen sind "Dunston - Allein im Hotel" aus dem Jahr 1996, "Schweinchen Babe in der großen Stadt", "Jay und Silent Bob schlagen zurück" (2001), sowie der 2009 erschienene Film "Creation" über den Naturwissenschaftler Charles Darwin. Aldrich vermutet, dass Orang-Utans als Schauspieler im untersuchten Zeitraum schwieriger zu bekommen waren als beispielsweise Schimpansen, bei denen es in den USA bis 2015 nur für wild lebende Tiere besondere Schutzregeln gab, aber nicht für Schimpansen in Gefangenschaft.

Zu den bekannten Auswirkungen der Auftritte tierischer Schauspieler in erfolgreichen Filmen gehört auch, dass die gezeigten Tiere plötzlich als Haustiere begehrt sind. Das gilt nicht nur für Primaten: Nach dem Erfolg von "101 Dalmatiner" stieg plötzlich die Nachfrage nach dieser Hunderasse dramatisch an. Ähnliches gilt für den Film "Ein Schweinchen namens Babe", der den Border Collie plötzlich populär machte, weil ein Hund dieser Rasse dort als Adoptivmama von Babe auftritt. Und als Folge von "Findet Nemo" tauchten in vielen Kinderzimmern plötzlich Aquarien mit Clownfischen auf.

Ob es diesen Effekt auch bei Primaten gibt, für die ein Leben als Haustier anders als bei Hunden an Tierquälerei grenzt, haben die Forscher aus Cornwall nicht untersucht. Tatsache ist jedoch, dass erschreckend viele Primaten als Haustiere gehalten werden. Allein in den USA sind es 15 000.

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