Aerodynamik:Die Physik des Extremsprungs von Felix Baumgartner

Red Bull Final Manned Flight in New Mexico,

2012 setzte der Österreicher Felix Baumgartner Zu seinem Sprung an.

(Foto: dpa)

Wissenschaftler haben ihn analysiert. Mit all seinen Ecken und Kanten fiel Baumgartner schneller durch die Atmosphäre, als es ein perfekt glatter Körper getan hätte.

Von Patrick Illinger

Unterstützt von Red Bull und begleitet von viel medialem Getöse sprang der Extremsportler Felix Baumgartner vor fünf Jahren aus 39 Kilometer Höhe mit einem Fallschirm zur Erde. Damit brach er einen legendären Rekord, den der einstige US-Luftwaffen-Pilot Joseph Kittinger seit 1960 gehalten hatte. Kittinger war seinerzeit aus gut 31 Kilometer Höhe zur Erde gesprungen.

Baumgartners Sprung war nicht nur eine Marketing-Aktion, sondern weckte auch das Interesse der Wissenschaft. So haben Physiker der Technischen Universität München die Mechanik des Sprungs nun genau untersucht und kommen zu teils erstaunlichen Ergebnissen. Markus Guerster sowie der Ex-Astronaut und TU-Professor Ulrich Walter haben aus präzisen GPS-Daten des Sprungs und theoretischen Rechnungen ermittelt, dass Baumgartner trotz seines Spezialanzugs und des Fallschirm-Rucksacks schneller durch die Atmosphäre gefallen ist als es mit einem glatten, gleichmäßig geformten Körper der Fall gewesen wäre. Ein Quader gleicher Größe hätte nicht die von Baumgärtner erzielte Fallgeschwindigkeit erreicht, haben die TU-Experten errechnet.

50 Sekunden nach dem Absprung erreichte der Extremsportler in 28,8 Kilometer Höhe seine Maximalgeschwindigkeit von 1358 km/h, das 1,25-fache der Schallgeschwindigkeit. Von diesem Moment an wurde er wieder langsamer, da die zunehmend dichte Luft ihn bremste. Aber: Die Annhäherung an die Schallmauer erzeugte keine nennenswerte Bremswirkung. 2567 Meter über dem Boden öffnete der Springer seinen Fallschirm.

Obwohl Baumgartner physikalisch gesehen ein komplexeres und weniger regelmäßiges Objekt ist als zum Beispiel eine Kugel oder ein Quader, war er schneller unterwegs. Die Physiker hatten im Vorfeld vermutet, dass Baumgartner maximal Schallgeschwindigkeit erreichen könnte. Das Ergebnis bestätigt Erkenntnisse aus der Aerodynamik, wonach unregelmäßig geformte Körper mitunter weniger Luftwiderstand bieten als glatte Körper. Das ist einer der Gründe, warum Golfbälle Kerben haben.

"Die Untersuchung zeigt, dass beliebige Dellen, Falten und Unregelmäßigkeiten der Oberfläche im Überschall-Bereich den Luftwiderstand deutlich senken", erläutert Walter. Irregulär geformte Oberflächen machen also schneller. Verglichen mit einem glatten Objekt ist ihr Strömungswiderstandskoeffizient und somit auch ihr Luftwiderstand annähernd halbiert. Wenn beispielsweise die Reisegeschwindigkeit von Flugzeugen weiter ansteige, könnten die Ergebnisse eines Tages nützlich werden, resümiert Walter: "Wenn man sich der Schallgeschwindigkeit annähern will, dann können Beulen und Dellen durchaus hilfreich sein."

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