Psychologie:Neurotisch, reich und glücklich

US-Forscher haben einmal mehr die Frage untersucht, ob Geld glücklich macht oder nicht. Festgestellt haben sie, dass das Einkommen tatsächlich die Zufriedenheit beeinflusst - wie, das hängt allerdings von der Persönlichkeit ab.

Sebastian Herrmann

Ständig diskutiert alle Welt über das Glück. Dabei interessiert die meisten Menschen die Frage, ob Geld nun glücklich mache oder nicht. Eine abschließende Antwort darauf ist bis heute nicht gefunden - doch die Psychologen Christopher Soto vom Colby College in Waterville, USA, und Maike Luhmann von der Universität Chicago liefern nun einen wichtigen Diskussionsbeitrag (Social Psychological and Personality Science, online).

Demnach hängt es von der Persönlichkeit eines Menschen ab, wie sehr ein hohes Einkommen seine generelle Zufriedenheit mit dem Leben beeinflusst. Besonders neurotische Menschen sind nur dann glücklich, wenn ihre finanzielle Situation ihren Vorstellungen entspricht.

Die Wissenschaftler werteten Daten aus drei großen nationalen sozio-ökonomischen Langzeitstudien mit insgesamt mehr als 43.000 Teilnehmern aus. Die Datensätze stammten aus Deutschland, Großbritannien und Australien. In diesen Umfragen werden über Jahre regelmäßig unter anderem die Lebenszufriedenheit, das Einkommen sowie die fünf Hauptdimensionen der Persönlichkeit erhoben: Neurotizismus, Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit.

Die Zufriedenheit der Befragten hängt unterschiedlich stark vom Geld ab. "Menschen mit einem konstant hohen Einkommen waren im Schnitt zufriedener mit ihrem Leben", schreiben Soto und Luhmann. Auch ein Anstieg oder eine Verminderung des Verdiensts schlug sich auf den Grad des erlebten Glücks nieder.

Bei einer Analyse nach den Persönlichkeitsmerkmalen zeigte sich allerdings, dass neurotische Menschen emotional besonders vom Geld abhängen, im positiven wie im negativen Sinne. In den Daten aus dem deutschen sozio-ökonomischen Panel war dieser Zusammenhang am stärksten ausgeprägt.

Neurotische Menschen empfinden mehr Angst, Nervosität sowie Unsicherheit als ausgeglichene Menschen und reagieren generell stärker auf negative Erlebnisse. Deshalb sind sie auch besonders verstört, wenn sich ihr Einkommen verschlechtert. Ausgeglichene Menschen berührt diese Situation weniger.

Ein niedriges Einkommen erhöhe außerdem die Wahrscheinlichkeit für schlechte Erlebnisse, so die Psychologen, und darauf reagierten Neurotiker besonders heftig. Diese Menschen neigten zudem dazu, sich an anderen zu messen, argumentieren Luhmann und Soto.

Dies könnte ein weiterer Grund dafür sein, weshalb Geld für das Glück dieser Persönlichkeiten eine besonders wichtige Rolle spielt: Die Zufriedenheit vieler Menschen hängt davon ab, wie sie sich selbst im Vergleich zu anderen sehen. Der Ärger, weniger zu verdienen als andere, nagt jedoch vor allem an den Neurotikern.

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