Landwirtschaft als Feinstaub-Quelle:Feinstes vom Land

Auf dem Land ist die Luft zwar gemeinhin besser als in der Stadt. Doch hohe Feinstaubwerte werden dort trotzdem gemessen. Schuld daran ist auch die Landwirtschaft.

Markus C. Schulte von Drach und Hanna Metzen

Ein Gelbschimmer zog sich im März 2007 über den Himmel im Erzgebirge, ein Stück weiter östlich verfärbte sich sogar der Schnee auf den Gipfeln des Riesengebirges grau. Den Feinstaub in der Luft konnte man nicht nur sehen, er wurde auch gemessen. In Dresden und Leipzig kam es kurzzeitig zu Spitzenkonzentrationen von mehr als 400 Mikrogramm pro Kubikmeter. Zum Vergleich: Der von der Europäischen Union erlaubte Grenzwert liegt bei 50 Mikrogramm pro Kubikmeter im Tagesmittel und darf nicht mehr als 35 Mal im Jahr überschritten werden.

Forscher um Wolfram Birmili vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung fanden schließlich die Ursache der Feinstaubschwaden. In der südlichen Ukraine waren gewaltige Mengen Agrarstaub aufgewirbelt worden. Der Wind trug ihn dann innerhalb eines Tages rund 1500 Kilometer weit bis nach Mitteleuropa.

Agrarstaub - dieser Stoff kommt uns nicht als Erstes in den Sinn, wenn wir von Feinstaub, also Partikel mit einem Durchmesser von weniger als zehn Mikrometer (PM10), hören. Schließlich denkt man eher an die dicke Luft an den Hauptverkehrsstraßen in den Ballungsgebieten. Und doch ist die Landwirtschaft ein besonders wichtiger Faktor bei der Entstehung der gesundheitsgefährdenden Staubwolken.

Zwar ist der Anteil des Feinstaubs, der von Tierhaltung und Ackerbau herrührt, geringer als der aus der Industrie. Doch mit etwa 35.000 Tonnen im Jahr machten die Emissionen aus der Landwirtschaft zum Beispiel im Jahr 2009 dem Umweltbundesamt (UBA) zufolge immerhin 21 Prozent aus. Verkehr, Haushalte und Kleinverbraucher sowie Energieerzeuger tragen einzeln inzwischen jeweils weniger zur Feinstaubbelastung bei.

Natürlich sind auf dem Land die Verhältnisse anders als in der Stadt. Hier ist die Landwirtschaft sogar der Hauptverursacher von Feinstaub, gefolgt vom Straßenverkehr. Und es gibt auch deutliche regionale Unterschiede. So liegt der Anteil der landwirtschaftlichen Emissionen am Feinstaub dem Sächsischen Landesamt für Umwelt zufolge dort sogar bei etwa 30 Prozent.

Die Quellen der Feinstaubemissionen auf dem Lande sind die Traktoren, Mähdrescher und andere Geräte. Auch beim Mähen, Transportieren und Umfüllen der sogenannten Schüttgüter wie Getreide kann es bedenklich stauben. Dazu kommen Partikel, die beim Ackerbau vom Boden aufgewirbelt werden.

Weniger Fleisch für eine bessere Luft

Außerdem wird sogenannter Sekundärstaub frei. Dabei handelt es sich um gasförmige Vorläuferstoffe von Feinstaub wie Ammoniak (NH3), das den größten Anteil an der Feinstaubbildung in der Landwirtschaft hat, Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffoxide (NOx) und Kohlenwasserstoffe. Solche Moleküle können aus der Tierhaltung und der Verwendung von Gülle stammen. Erst in der Atmosphäre reagieren diese Stoffe mit anderen Molekülen und bilden Feinstaub.

Trockenheit in der Landwirtschaft

Staub steigt auf von einem Acker in Brandenburg. Ein großer Teil des Feinstaubs in Deutschland stammt aus der Landwirtschaft.

(Foto: dpa)

Zwar werden die Feinstaubgrenzwerte auf dem Lande deutlich seltener übertreten als in den Ballungsgebieten. Doch das liegt sicher auch daran, dass der Staub zum Teil nicht am Ort der Entstehung bleibt, sondern vom Wind eher verweht wird als in der Stadt.

In ihren kürzlich für das Umweltbundesamt entwickelten Strategien zur Verminderung zur Feinstaubbelastung der Luftqualität betonen Experten um Peter Builtjes vom TNO Earth, Environment and Life Sciences in Utrecht, Niederlande, die Rolle der NH3-Emissionen der Landwirtschaft. Gerade hier gebe es ein "großes Potenzial zur Senkung der PM10-Immissionen". Die "mit einer deutlichen Reduktion des Konsums von tierischem Eiweiß einhergehenden Produktions- und Emissionsrückgänge in der Landwirtschaft" erwiesen sich als "sehr viel effektiver" als die meisten der übrigen Maßnahmenbündel, schreiben die Wissenschaftler.

Mit anderen Worten: Die Feinstaubbelastung ließe sich besonders stark verringern, wenn wir weniger Fleisch essen würden.

Zwar gibt es den Fachleuten zufolge verschiedene Maßnahmen, die dazu beitragen würden, die Grenzwerte zukünftig einzuhalten. Aber im Verkehrsbereich und der Landwirtschaft wären Veränderungen "ohne großen technischen Aufwand" möglich, und "wenn man eventuelle Zeit- und Komfortverluste außer Acht lässt", wären sie sogar nur "mit geringen oder gar keinen Kosten verbunden".

Wie hoch die Feinstaubbelastung in Deutschland ist und welche Regionen wann besonders betroffen sind, sehen Sie in unserer interaktiven Fakten-Karte.

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