Ernährung:Forscher machen Raubfisch zum Vegetarier

Offiziersbarsch

Offiziersbarsche (Rachycentron canadum) von einer Fischfarm

(Foto: NOAA)

Der Offiziersbarsch ist ein Räuber, wie man ihn sich räuberischer kaum vorstellen kann. US-Forscher haben nun einen vegetarischen Speiseplan veröffentlicht, der dem Tier offenbar schmeckt und bekommt.

Von Katrin Blawat

Gut, dass es den Offiziersbarsch gibt. Er rückt die Verhältnisse wieder gerade. Sein Schicksal könnte nämlich helfen, jene Gemüter zu beruhigen, die vor lauter Aufregung über den "Veggie Day" ihr Steak in der Pfanne anbrennen lassen. "Seid froh, dass ihr keine Offiziersbarsche seid", will man den Empörten zurufen. Andernfalls müsstet ihr, die ihr überzeugte Karnivoren seid, künftig komplett und für immer auf Fleisch verzichten.

Leicht fällt das auch dem Offiziersbarsch nicht. Wäre ja auch ein Wunder, gilt der stattliche Speisefisch doch als ein Räuber, wie man ihn sich räuberischer kaum vorstellen kann.

Nun aber haben Forscher der University of Maryland einen vegetarischen Speiseplan veröffentlicht, der dem bis zu 70 Kilo schweren Tier offenbar schmeckt und bekommt. Statt Fischmehl und -öl erhalten die Zwangs-Vegetarier eine Mischung aus Soja- und Weizen-Eiweißen, Amino- und Fettsäuren. Damit die Tiere ordentlich wachsen, braucht es zudem die Substanz Taurin, die auch in Energy-Drinks steckt.

Grund für die Ernährungsumstellung der Raubtiere ist der enorme Appetit der Weltbevölkerung auf Fisch - und die sich stetig leerenden Weltmeere. Einst galten Aquakulturen als Lösung für dieses Dilemma. So stammten im Jahr 2010 fast die Hälfte aller weltweit konsumierten Fischprodukte aus solchen Farmen.

Offiziersbarsch

Allen Place und Dr. Aaron Watson vom Center for Environmental Science der University of Maryland haben aus Raubfischen Vegetarier gemacht

(Foto: Cheryl Nemazie; University of Maryland)

Doch auch dort verlangt ein Raubfisch nach Sardinen, Anchovis und anderer Beute. Da auch deren Bestände schrumpfen, begannen Forscher ihre Umerziehungsprogramme. Soja statt Sardellen - da müssen außer dem Offiziersbarsch auch andere beliebte Speisefische durch.

"Wenn Sie ein Forellenfilet aus Aquakultur kaufen, stammt es mit großer Wahrscheinlichkeit von einem Tier, das zu etwa 70 Prozent pflanzliche Kost gefressen hat", sagt Fischernährungsexperte Ulfert Focken vom Thünen-Institut für Fischereiökologie in Ahrensburg. "Zwingend notwendig" sei es, den tierischen Anteil in der Fischnahrung zu reduzieren.

Doch muss es gleich die Wende zum 100-Prozent-Vegetarier sein, wie sie der Offiziersbarsch in Baltimore durchgemacht hat? "Aus Gründen der Nachhaltigkeit muss man beim tierischen Material im Fischfutter nicht auf null kommen", sagt Focken.

Zumal es sich nicht rechnet. Fische sind heikle Esser, will man ihnen pflanzliches Material unterjubeln. Ehe sich dieses als Fischfutter eignet, muss es aufwendig bearbeitet werden - viel gründlicher, als es etwa für den Schweinetrog nötig ist. Fische und Landpflanzen haben im Lauf der Evolution nicht viel miteinander zu tun gehabt. Daher sind Verdauungssystem und Geschmackssinn der Fische kaum an Soja und Weizen angepasst, die das benötigte Eiweiß liefern können.

Außerdem haben Fische keine Wege entwickelt, den Abwehrsubstanzen der Pflanzen etwas entgegenzusetzen. Bevor man überhaupt daran denken kann, Fischen vegetarische Kost anzubieten, müssen aus den Pflanzen eine Vielzahl unverträglicher und abschreckender Stoffe entfernt werden.

Dann kommt der ebenfalls heikle Verbraucher ins Spiel. Er findet nachhaltige Fischzucht auch wichtig und Mais für den Pangasius eine gute Idee. Nur bitte nicht um den Preis, dass sein Filet dann gelblich statt reinweiß ist.

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