Entdeckung Australiens:Europäer lange vor James Cook in New South Wales?

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Stewart Fallon von der Australian National University untersucht den rätselhaften Schädel (Foto: AFP)

Als der Brite James Cook 1770 Australien entdeckte, hatten niederländische Seefahrer den Norden des Kontinent bereits besucht. Ein rätselhafter Schädel deutet nun darauf hin, dass Cook auch an der Ostküste nicht der erste Europäer war.

James Cook, lange Zeit als erster europäischer Entdecker Australiens gefeiert, war möglicherweise nicht einmal der erste Weiße, der die Ostküste des Kontinents erreicht hat.

Darauf deutet ein Schädel hin, der 2011 in New South Wales im Südosten Australiens entdeckt wurde. Der Knochen gehörte nämlich ebenfalls einem Weißen, könnte aber aus dem 17. Jahrhundert stammen.

Den Status als Entdecker Australiens musste der Brite Cook, der 1770 das heutige New South Wales erreichte, bereits zuvor abgeben. 1606, also weit früher, war der Niederländer Willem Jansz auf die Halbinsel Kap York im Nordosten des Kontinents gestoßen. Dass Europäer damals auch schon südlichere Teile Australiens erreicht haben könnten, war bislang aber unbekannt. Und auch als im November 2011 heftiger Regen am Ufer des Manning River bei Taree einen Schädel freispülte, ging die Polizei zuerst von einem Schwerverbrechen in der jüngsten Vergangenheit aus.

Eine DNA-Analyse ergab, dass der Kopf von einem eher älteren Mann mit europäischen Wurzeln stammte. Dann datierte Stewart Fallon von der Australian National University in Canberra Kollagen vom Knochen mit der Radiokarbonmethode. Außerdem untersuchte er eine Zahnschmelzprobe. Und er stellte fest, dass der Mann vor sehr langer Zeit gelebt hat. Die Ergebnisse sind nicht eindeutig: Sie deuten darauf hin, dass der Besitzer des Schädels zwischen 1650 und 1660 geboren wurde - oder aber zwischen 1780 und 1790.

James Cook (1728 - 1779) stieß 1770 auf die Ostküste Australiens - aber er war vielleicht nicht der erste Europäer dort (Foto: dpa)

Die Wahrscheinlichkeit, dass der aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts stamme, liege jedoch bei 80 Prozent, sagte Fallon der australischen Zeitung Daily Telegraph. Damit hätte sich ein Europäer offenbar bereits etwa hundert Jahre vor James Cook an der Ostküste aufgehalten.

Bleiben allerdings noch die 20 Prozent für Zweifler wie Adam Ford von Dig International. Der Archäologe weist im Telegraph darauf hin, dass der Schädel in gutem Zustand gefunden wurde und weitere Knochen des Skeletts fehlen. Es könne sich seiner Meinung nach auch um ein Stück aus einer privaten Schädelsammlung handeln, wie sie im 19. Jahrhundert beliebt gewesen seien. Ausschließen will aber auch Ford nicht, dass es sich "um einen wichtigen Fund handeln könnte, der weitere Untersuchungen verdient".

Die Polizei hat sich dem Telegraph zufolge inzwischen für nicht mehr zuständig erklärt: Der Rechtsmediziner habe festgestellt, dass der Schädel mit einem Alter von mehr als 99 Jahren keine Sache der Gerichte mehr sei, sondern ein kulturelles Relikt.

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