Zyperns Banken wieder offen:Schlangestehen für ein bisschen Bargeld

Vor den Banken im Zentrum Nikosias drängeln sich viele Rentner, die keine EC-Karte haben - und die seit Tagen kein Geld am Schalter abholen konnten. Die Stimmung ist gespannt, es gibt Proteste gegen Fernsehteams. Die ARD wird gar ordentlich beschimpft.

Eine Reportage von Christiane Schlötzer, Nikosia

Die ersten sind Rentner. Sie reihen sich ein in die Schlangen vor den noch verschlossenen Bankfilialen auf der zentralen Platia Eleftherias, dem Freiheitsplatz, im Zentrum Nikosias. Sie besitzen meist gar keine Karten für die Bankautomaten, und vielen ist daher das Bargeld in den vergangenen zwei Wochen ausgegangen.

Auf diesen Tag haben viele Zyprer lange gewartet. Nach zwölf Tagen Zwangspause öffneten die Banken an diesem Donnerstag wieder. Auf dem Freiheitsplatz liegen die Filialen der beiden Problembanken direkt nebeneinander, die der Laiki-Bank und der Bank of Cyprus. Die Laiki wird nun aufgelöst, die Bank of Cyprus nur "restrukturiert". Aber Kunden beider Banken verlieren viel Geld, wenn sie über 100.000 Euro auf ihren Konten hatten. Die alten Leute, die am Donnerstag ihre Renten abholen wollen, dürften kaum zu diesem Kreis der großen Verlierer der zyprischen Finanzkatastrophe gehören.

Um Punkt zwölf Uhr Ortszeit gehen die Glastüren der Banken auf. Sicherheitskräfte lassen immer nur zwei oder drei Wartende durch. Die späte Öffnungszeit hatte man gewählt, damit sich die Bankmitarbeiter in den Morgenstunden noch auf die neue Situation einstellen konnten. Sie dürfen jedem Kunden pro Tag nur höchstens 300 Euro in bar aushändigen. So steht es in einer Mitteilung des zyprischen Finanzministeriums (PDF). Unternehmer haben ein Limit von 5000 Euro am Tag, Überweisungen ins Ausland, auch mit Kreditkarten, sind auf 5000 Euro im Monat begrenzt. Wie lange diese scharfen Restriktionen gelten, ist noch unbekannt (Hintergründe zu den Kapitalkontrollen in diesem SZ.de-Artikel).

Der große Bankansturm bleibt an diesem Donnerstag aus. Wohl auch, weil die Computer der Banken wieder funktionieren, und seitdem auch elektronische Überweisungen in dem vorgegebenen Rahmen möglich sind.

Die Emotionen auf der Platia Eleftherias gehen dennoch hoch. Ein älterer Mann hält ein Plakat hoch. Darauf steht auf Englisch: "Why must international media be so greedy of horror scenarios?" Warum sind die internationalen Medien so begierig auf die Bilder des Horrors? Der Mann protestiert damit gegen die Präsenz von Kamerateams aus der halben Welt, die sich auf dem Platz drängen und die Menschen vor den Banken filmen. "Mitleid mit den Zyprioten, nicht mit den Banken", fordert er.

Einen kurzen Tumult gibt es, als eine Frau ein TV-Team der deutschen ARD entdeckt. Deutschland sei für den Holocaust verantwortlich, und dies werde niemals vergessen werden, sagt die wütende Zyprerin in die Kamera.

Nur wenige Polizisten stehen in der Menge auf dem Platz. Hohe Polizeipräsenz ist in Zypern unüblich. Bislang sorgten sich die Menschen auch kaum um ihre persönliche Sicherheit. Häuser und Autos wurden oft nicht einmal abgesperrt. Nun melden Firmen, die Safes verkaufen, großes Interesse.

Offenbar trauen viele Menschen den Banken nicht mehr, sie stecken ihr Geld unter die Matratze. Oder gleich in den Safe.

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