Zwischen den Zahlen:Alles klar

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Die Chefs deutscher Konzerne reden oft Unverständliches - aber nicht alle. Klare Worte findet laut einer Studie ausgerechnet: Martin Winterkorn.

Von Caspar Busse

Michael Diekmann mag den großen Auftritt nicht. Der Westfale und langjährige Allianz-Chef arbeitet lieber im Verborgenen. In der vergangenen Woche hatte der 60-Jährige nun seinen letzten Arbeitstag als Vorstandsvorsitzender von Europas größtem Versicherer. Es war Hauptversammlung in München, und Diekmann sagte vor 3000 Aktionären zum Abschied: "Es war intensiv, aber es hat immer Spaß gemacht." Das ist jetzt nicht gerade ein ausschweifendes Fazit für eine zwölfjährige Amtszeit. Aber immerhin: Die Aussage ist klar und deutlich.

Insofern ist es ein wenig unfair, dass ausgerechnet Diekmann bei einer Studie zu Verständlichkeit von Vorstandsvorsitzenden so schlecht abgeschnitten hat. Die Universität Hohenheim hatte die CEO-Ansprachen bei Hauptversammlungen mit einer speziellen Klartext-Software ausgewertet. Heraus kam am Ende der Hohenheimer Verständlichkeits-Index, kurz HIX. Null ist formal unverständlich, ein Wert von 20 formal sehr verständlich.

Diekmann kam auf traurige 8,4 Punkte und ist damit Schlusslicht. Nicht weit vor ihm liegen seine Kollegen Nikolaus von Bomhard von der Munich Re und Joe Kaeser von Siemens. Ganz oben rangieren Martin Blessing von der Commerzbank - und Martin Winterkorn von Volkswagen, der in den vergangenen Wochen noch mit Ach und Krach einer Absetzung durch Patriarch Ferdinand Piëch entgangen war. 62 Prozent seiner Reden bestehen aus Grundwortschatz, seine Sätze sind durchschnittlich nur 11,14 Worte lang - das überzeugt. Der Ingenieur aus Leonberg findet offenbar immer den richtigen Ton. Überliefert ist Winterkorns prägnantes "Da scheppert nix!", als er am Lenkrad eines Modells des Konkurrenten Hyundai rüttelte. Schon Kurt Tucholsky hatte übrigens Ratschläge für den schlechten Redner, darunter auch diesen: "Wenn einer spricht, müssen die anderen zuhören. Das ist Deine Gelegenheit! Mißbrauche sie." Also dann.

© SZ vom 16.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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