Zweckentfremdung:Vermieter scheitern mit Klagen gegen Ferienwohnungsverbot

Vom Siegeszug der Selfie Sticks

Touristen mieten sich gern in Privatwohnungen ein. Berlin verbietet das.

(Foto: Bernd Von Jutrczenka/dpa)
  • Wer in Berlin Wohnungen tageweise an Touristen vermietet, muss mit einer Strafe von bis zu 100000 Euro rechnen.
  • Kaum eine andere Stadt geht so entschieden gegen diese Art der Vermietung vor.
  • Nun hat das Berliner Verwaltungsgericht mehrere Klagen dagegen abgewiesen.

Von Hannah Beitzer und Verena Mayer

Leben wie die Einheimischen, im netten Altbau oder im Partykiez, Nachbarschaftsanbindung inklusive - so werben Portale wie Airbnb oder Wimdu für die Ferienwohnungen, die Touristen auf ihren Seiten buchen können. In Berlin ist dies jedoch seit 1. Mai verboten. Dort droht jedem eine Geldstrafe von bis zu 100 000 Euro, der eine Wohnung tageweise an Touristen vermietet.

Das sogenannte Zweckentfremdungsgesetz, mit dem der rot-schwarze Senat verhindern will, dass dringend benötigter Wohnraum Touristen überlassen wird, ist eines der strengsten Regelwerke weltweit. Dementsprechend erbittert wird darum gestritten. So sehen sich Vermieter von Ferienwohnungen in ihrer Eigentums- und Berufsfreiheit eingeschränkt, beim Berliner Verwaltungsgericht sind Dutzende Klagen eingegangen. Vier davon wurden am Mittwoch verhandelt, das Gericht wies sie ab, das Verbot sei verfassungsgemäß. Allerdings können die Kläger Berufung einlegen, bei Wimdu hieß es, man werde "weiter für private Ferienwohnungen in Berlin kämpfen".

Jährlich 80000 Einwohner mehr

Das Verfahren wirft eine grundsätzliche Frage auf: Wem gehört eine Stadt? Es könnte wegweisend werden für Städte wie Hamburg, Freiburg, Köln oder München, in denen man ebenfalls Wohnungen nicht ohne Weiteres anders nutzen darf als zum dauerhaften Wohnen. Berlin, früher bekannt für Leerstand und Niedrigmieten, wächst jährlich um 80 000 Einwohner. Die Mieten steigen so stark wie in keiner anderen Großstadt, die Lage auf dem Immobilienmarkt ist angespannt. In angesagten Kiezen wie Kreuzberg oder Mitte sind fast nur noch Ferienwohnungen im Angebot, normale Mietwohnungen sucht man auf den Immobilienseiten vergebens.

Vor dem Verwaltungsgericht argumentierte der Verfassungsrechtler Helge Sodan, der die Kläger vertrat, dass die etwa 23 000 Ferienapartments bei 1,9 Millionen Wohnungen kaum ins Gewicht fallen würden. Dafür seien sie ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und schüfen Arbeitsplätze. "Dem Land Berlin muss es ja schon wieder sehr gut gehen, wenn es darauf verzichten kann."

Auch fühlen sich die Kläger, die ihre Ferienapartments als Gewerbe betreiben, gegenüber anderen Berufsgruppen benachteiligt. Ärzte, Handwerker, Rechtsanwälte oder Hebammen dürfen, sofern sie schon länger in einer Wohnung arbeiten, dort bleiben. Ferienwohnungen hingegen werden seit Mai nur genehmigt, wenn ein öffentliches Interesse besteht oder eine Wohnung nicht anders genutzt werden kann, weil sie etwa im Souterrain liegt. Dem folgte das Gericht ebenfalls nicht. Die Vermietung an Touristen sei kurzzeitig, für andere Gewerbe jedoch langfristig.

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