Zusammenschluss von GfK und TNS:Klimawandel in Nürnberg

Die geplante Fusion des Marktforschers GfK mit der britischen TNS ruft immer mehr Kritiker auf den Plan. Gegen sie setzt sich Chefkontrolleur Hajo Riesenbeck erbittert zur Wehr - und hat dabei die eigene Karriere im Blick.

Uwe Ritzer

Fernsehmoderator Tom Buhrow beschrieb die Perspektiven des Klimaschutzes in den USA und Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Norbert Walter referierte, welche Branchen vom Klimawandel profitieren werden: Marktforscher des Gastgebers GfK erklärten bei dessen Jahrestagung im Nürnberger Kongresszentrum, wie Verbraucher den Ausstoß von schädlichem Kohlendioxid verringern können. Für das Klimaproblem bei der GfK selbst hatte niemand eine Lösung parat.

Zusammenschluss von GfK und TNS: GfK-Haushaltskarte in einem Supermarkt: Heftige Klimaprobleme.

GfK-Haushaltskarte in einem Supermarkt: Heftige Klimaprobleme.

(Foto: Foto: ddp)

Dabei ziehen rund um Deutschlands größten Marktforscher immer dunklere Wolken auf, Gewitter entladen sich und Stürme toben. Ursache ist die vom Management eingefädelte Fusion mit der britischen Infratest-Mutter TNS zum weltweit zweitgrößten Unternehmen der Branche.

"Dieser Zusammenschluss ist noch lange nicht durch", sagt Roland Fleck (CSU), Nürnberger Wirtschaftsreferent. Einhellig wie selten hat der Stadtrat den "Zusammenschluss unter Gleichen" abgelehnt. Auch der Freistaat Bayern will nichts davon wissen. Komplettiert wird die Front von vielen Beschäftigten. Politiker und Mitarbeiter eint die Sorge um den Verlust von Arbeitsplätzen und Kompetenzen. Denn die Zentrale des GfK-TNS-Konzerns (24.000 Beschäftigte, 2,7 Milliarden Euro Jahresumsatz) soll London werden. Nürnberg würde kaum mehr bleiben als der Sitz einer von 111 Ländergesellschaften.

"Spielball von Finanzinvestoren"

Viele zweifeln auch am strategischen Sinn des Vorhabens. Angeblich könne man so die global organisierte Kundschaft speziell in Asien besser bedienen, heißt es. Andererseits ist die GfK aus eigener Kraft und mit den Zukäufen von etwa 100 kleineren Unternehmen zur weltweiten Nummer fünf der Branche aufgestiegen. Schon jetzt ist man weltweit vertreten. Er halte daher die vom Management für den Zusammenschluss ins Feld geführten Gründe für "konstruiert", sagt etwa Peter Zühlsdorff.

Der Manager der Deutschen Industrie Holding (DIH) fürchtet die Zerschlagung der GfK. "Meine Sorge ist, dass die GfK damit zum Spielball von Finanzinvestoren wird und nicht mehr der originäre Marktforscher ist wie bisher", sagt Zühlsdorff. Bis dato Ehrenpräsident des GfK-Vereins und Mitglied im Verwaltungsrat, trat er aus Protest zurück. Das hat das GfK-Umfeld aufgeschreckt, galt Zühlsdorff als ehemaliger, langjähriger Aufsichtsratschef doch bislang als Integrationsfigur.

Nun dürfte auch eine Männerfreundschaft zu Ende gehen. Zühlsdorff war es, der vor einigen Jahren Hajo Riesenbeck zur GfK holte. Inzwischen fungiert der McKinsey-Berater dort als Präsident des GfK-Vereins und Aufsichtsratsvorsitzender der GfK. Riesenbeck gilt als die treibende Kraft in Sachen Fusion mit TNS. Bei Besprechungen zum Thema führe er und nicht GfK-Vorstandschef Klaus Wübbenhorst das große Wort, erzählen Teilnehmer.

Vom Chef zum Frühstücksdirektor

Nach außen hin verteidigt Wübbenhorst tapfer die Fusionspläne. Dabei wäre er einer der größten Verlierer. Der Westfale, der die GfK finanziell geordnet und internationalisiert hat, soll zum Frühstücksdirektor mutieren. Ohne Einfluss auf das operative Geschäft wäre er nur noch Sprecher des GfK-Vereins. Der hält bislang 57 Prozent der GfK-Aktien. Nach der Fusion, die durch einen Aktientausch abgewickelt werden soll, würde der Verein an GfK-TNS lediglich 28 Prozent der Anteile halten.

Zum großen Macher aufsteigen würde Hajo Riesenbeck, der eine Hälfte der operativen Doppelspitze bei GfK-TNS werden soll. Nach Jahrzehnten als Berater wäre der Wechsel an die operative Spitze eines Milliardenkonzerns für den 57-Jährigen die Krönung seiner Laufbahn. Umso gereizter reagiert er auf jeden, der seine Pläne durchkreuzen will. Binnen weniger Wochen avancierte Riesenbeck zum Buhmann. Selbstgefällig, arrogant und mit barschem Ton trete er selbst gegenüber einflussreichen Kritikern auf, heißt es allenthalben. "Seine Gesprächsoffenheit wäre durchaus noch ausbaufähig", so Wirtschaftsreferent Fleck.

Seitens der GfK votiert jedoch noch die Mehrheit für die Fusion. Der Verwaltungsrat des GfK-Vereins, dem 570 Unternehmen, Institutionen und Einzelpersonen angehören, sprach sich dafür aus - nach kontroverser Debatte. Am 21. Juli sollen die Mitglieder entscheiden. Bereits am 18. läuft aber eine Frist ab, binnen derer die TNS-Aktionäre über ein erneutes Konkurrenzangebot des britischen Werbekonzerns WPP entscheiden müssen. Mit 260 Pence pro Aktie sei das Angebot diesmal äußerst hoch, sagen Analysten. Sie rechnen damit, dass die Übernahme durch WPP diesmal klappt. Der GfK bliebe nur noch, die Klimaschäden in den eigenen Reihen zu reparieren.

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