Zumwinkel: Geständnis:"Der größte Fehler meines Lebens"

Der wohl prominenteste Steuersünder gesteht: Klaus Zumwinkel gibt zu, den Fiskus um knapp eine Million Euro betrogen zu haben. "Zu diesem Fehler stehe ich", sagt der ehemalige Vorzeigemanager der Republik.

Er duckt sich nicht weg, er beschönigt nicht, er gesteht: Gleich zu Beginn des Prozesses vor der 12. Wirtschaftsstrafkammer des Bochumer Landgerichts gibt Klaus Zumwinkel alles zu. Ja, er habe Teile seines Vermögens in einer Liechtensteiner Stiftung deponiert. Ja, er habe Steuern hinterzogen. "Der mit der Anklage gegen mich erhobene Vorwurf trifft zu. Es war der größte Fehler meines Lebens. Zu diesem Fehler stehe ich", sagte Zumwinkel. Nach diesem Geständnis könnte das Gericht schon am kommenden Montag ein Urteil fällen.

Zumwinkels Gang nach Canossa

Zumwinkel (Mittel) vor Gericht: In Bochum muss sich der langjährige Chef der Deutschen Post verantworten, an seiner Seite seine Anwälte Rolf Schwedhelm (links) und Hanns W. Feigen.

(Foto: Foto: AP)

Der langjährige Postchef sagte zugleich, die Folgen der Tat seien schmerzlich, besonders das Ende der beruflichen Tätigkeit, die sein Leben gewesen sei. Wegen der spektakulären Durchsuchung hätten seine Familie und er zudem bitter gebüßt. Er habe in Briefen und Telefonanrufen Drohungen erhalten.

Zumwinkel hat nach eigenen Worten inzwischen alle Steuerschulden mit Zinsen beglichen. "Der Steuerschaden ist wieder gutgemacht", sagte er. Er habe bewusst darauf verzichtet, einen Rechtsstreit darüber zu führen, wie die Staatsanwaltschaft an ihre Informationen gekommen sei. "Ich will hier reinen Tisch machen."

Neben dem Schuldgeständnis bekamen die Prozessbetrachter auch Einblicke in die finanzielle Situation des ehemaligen Postchefs. Er halte Aktien und Beteiligungen im Wert von acht Millionen Euro und besitze eine Villa am Gardasee im Wert von fünf Millionen Euro. Obwohl er alle Funktionen niedergelegt habe, erwarte er für dieses Jahr ein Nettoeinkommen von etwa 600.000 Euro.

Zuvor hatte Staatsanwältin Daniela Wolters dem Topmanager zum Prozessauftakt vorgeworfen, in den Jahren von 2003 bis 2007 über eine Liechtensteiner Stiftung insgesamt fast eine Million Euro an Steuern hinterzogen zu haben. Schon in den achtziger Jahren habe der Manager in Liechtenstein die Stiftung Devotion Family Foundation gegründet, sagte die Staatanwältin. Ziel sei gewesen, die Erträge aus dem ererbten Vermögen den Steuerbehörden zu verschweigen. Das Stiftungsvermögen betrug den Ermittlungen zufolge Ende 2006 mehr als 11,8 Millionen Euro.

Ein Verfahren wie jedes andere auch

Der Vorsitzende Richter Wolfgang Mittrup stellte klar, es werde in dem Prozess "keine Sonderbehandlung" des Angeklagten geben. "Eine irgendwie geartete Absprache zur konkreten Strafhöhe gibt es bis zur Stunde selbstverständlich nicht", sagte der Richter. Das Verfahren werde "genauso geführt wie jedes andere".

Zumwinkel hatte auf Befragung des Richters seinen beruflichen Werdegang geschildert, der den promovierten Betriebswirtschaftler über Stationen beim Quelle-Konzern, bei der Unternehmensberatung McKinsey bis auf den Chefsessel der Post führte. Zumwinkel kann bei einer Verurteilung im günstigsten Fall mit einer Bewährungsstrafe und einer hohen Geldbuße rechnen.

Und das Fernsehen war live dabei

Am 14. Februar 2007 hatte die Staatsanwaltschaft Bochum mit der Razzia bei Zumwinkel die Steueraffäre Liechtenstein öffentlich gemacht. Als morgens um sieben Uhr die Justiz anrückte, hatte sich das ZDF schon vor der Zumwinkel-Villa in Köln postiert - um anschließend live zu berichten.

Zumwinkel ist der prominenteste Beschuldigte in der Liechtenstein-Affäre, in der die Bochumer Staatsanwaltschaft bisher 450 Ermittlungsverfahren eingeleitet hat.

Für den Mann, der als Manager Moral und Ethik gepredigt hatte und der dermaßen öffentlich vor- beziehungsweise abgeführt wurde, muss an diesem 14. Februar 2007 eine Welt zusammengebrochen sein. Nur einen Tag später trat Zumwinkel vom Vorstandsvorsitz der Deutschen Post zurück. Den ehemaligen McKinsey-Manager dürfte das in seiner Selbstwahrnehmung zutiefst getroffen haben - fast 20 Jahre lang hatte er die Post geführt.

Der Zumwinkel-Prozess selbst wird wohl kurz ausfallen: Gerade mal zwei Verhandlungstage wurden angesetzt, dann soll bereits ein Urteil gesprochen werden. Nach der bisherigen Urteilspraxis des Bochumer Gerichts gilt es als wahrscheinlich, dass Zumwinkel mit einer Bewährungsstrafe von maximal zwei Jahren rechnen muss. Hinzu kommen dürfte allerdings eine Geldbuße in beträchtlicher Höhe.

Die schnelle Rückkehr der Gier

Der Präsident des Bundesrechnungshofes, Dieter Engels, erwartet von dem Steuerprozess gegen Zumwinkel keinen langfristigen Abschreckungseffekt. Auf potentielle Steuersünder werde der Fall nicht nachhaltig wirken, sagte Engels dem Handelsblatt. "Die Erfahrung lehrt uns, dass die Menschen für solche Dinge ein kurzes Gedächtnis haben und die Gier schnell wieder Oberhand gewinnt." Zudem werde das Risiko, entdeckt zu werden, als gering eingeschätzt, sagte Engels.

Finanzminister Steinbrück nahm den Prozessbeginn zum Anlass, um politische Unterstützung für ein schärferes Vorgehen gegen Steuerbetrüger einzufordern. Er will ein strengeres Gesetz gegen Steuerhinterzieher, die ihr Geld in Staaten anlegen, die nicht mit Deutschland zusammenarbeiten.

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