Zukunft des Autobauers:Opel wird russisch

Bei Opel wird alles gut? Von wegen. Die Übernahme durch das amerikanisch-kanadisch-russische Konsortium kann dem Unternehmen keine dauerhafte Zukunft geben.

Karl-Heinz Büschemann

Opel, so könnte man meinen, ist gerettet. In letzter Minute haben sich die Investoren Magna und die russische Sberbank mit dem Autokonzern General Motors geeinigt. Sie übernehmen die Mehrheit an dessen europäischer Tochter. Die Bundesregierung spendiert so viel Geld und Bürgschaften, dass die Russen und Magna kein Risiko in diesem Einstieg sehen. Die 25.000 deutschen Beschäftigten des Autobauers können aufatmen.

Zukunft des Autobauers: Auch wenn die 25.000 deutschen Opel-Beschäftigten, das Rüsselsheimer Management und viele Autoexperten das glauben - eine dauerhafte Zukunft für Opel ist nicht gesichert.

Auch wenn die 25.000 deutschen Opel-Beschäftigten, das Rüsselsheimer Management und viele Autoexperten das glauben - eine dauerhafte Zukunft für Opel ist nicht gesichert.

(Foto: Foto: AP)

Alles bei Opel wird also gut? Von wegen. Was heute wie eine glückliche Fügung wirkt, ist nur eine Scheinlösung. Die Übernahme von Opel durch das merkwürdige amerikanisch-kanadisch-russische Konsortium kann dem 147 Jahre alten Unternehmen keine dauerhafte Zukunft geben - auch wenn die Opel-Beschäftigten, das Rüsselsheimer Management und viele Autoexperten genau dies derzeit glauben.

Die Opelaner setzten darauf, dass Russland immer mehr Autos braucht, aber praktisch über keinerlei eigene Produktion verfügt. Opel könnte deshalb, so die Hoffnung, auf dem Markt, der bis in den Fernen Osten reicht, schon bald große Stückzahlen absetzen und dadurch seine Fabriken auslasten. Auf den zentral- und westeuropäischen Märkten ist dies weitaus schwieriger, denn da trifft Opel auf eine mächtige Konkurrenz.

Der Preiskampf mit Konzernen wie VW, Renault, Peugeot und den Japanern führt zudem dazu, dass ein verkauftes Auto immer weniger einbringt. Das Problem ist nur: Renault und Co. sind in Russland schon vertreten und werden es Opel schwer machen. Die Anhänger des Magna-Deals setzen zudem darauf, dass Russlands Autoindustrie auch moderne Technologie braucht. Da könnte Opel ebenfalls helfen und mit Lizenzen und Entwicklungen dienen, die anderen russischen Autoherstellern fehlen. Doch damit ist die Reihe der Vorteile schon zu Ende.

Denn die Opelaner werden in der neuen Partnerschaft mit Russen und Magna, anders als von ihnen erhofft, keineswegs die Führungsrolle innehaben. Selbst wenn der Sitz von Opel in Rüsselsheim und das heutige Management im Amt bleiben, haben künftig andere das Sagen.

Da ist zum einen der österreichisch-kanadische Konzern Magna, der sich vom Zulieferer zum Hersteller ganzer Autos in großer Stückzahl entwickeln will. Der hat bewiesen, dass er in seinem Markt erfolgreich sein kann. Magna ist ein aufstrebender globaler Konzern, der nicht in nationalen deutschen Kategorien denkt - und für den Rüsselsheim (oder Bochum, Kaiserslautern und Eisenach) keineswegs der Nabel der Welt ist.

Vor allem aber ist da der russische Industriepartner Gaz, ein marodes Unternehmen aus der Stadt Nischnij Nowgorod, das 100 000 Menschen beschäftigt, aber ohne Hilfe keine Zukunft hat, weil seine Fahrzeuge nichts taugen. Dieses Unternehmen wird vom russischen Staat gelenkt. Es ist zwar zum Teil in der Hand des Oligarchen Oleg Deripaska. Doch der ist so verschuldet, dass er seine Aktien längst der staatlichen Sberbank verpfändet hat, die der russischen Regierung gerade hilft, das Opel-Geschäft zu finanzieren. Die Moskauer Regierung wird aber alles tun, um mit Hilfe von Opel möglichst viele Arbeitsplätze bei Gaz zu retten, nicht zuletzt um die Stadt Nischni Nowgorod am Leben zu halten.

Das sollte alle nachdenklich werden lassen, die glauben, der Einstieg der Russen bei Opel werde in Deutschland langfristig viele Jobs retten. Dass das Konsortium keine Garantie für die deutschen Opel-Arbeitsplätze machte, hat einen Grund. Dass die Opel-Beschäftigten künftig auch an ihrem Arbeitgeber beteiligt sein werden, wird nicht verhindern können, dass ihre Arbeitsplätze demnächst nach Osten abwandern werden.

Was in Berlin wie Rüsselsheim als Durchbruch verkauft wird, hilft Opel in Deutschland nur für ein paar Jahre. Solange die Fabriken in Russland nicht stehen, können Autos aus Rüsselsheim oder Bochum exportiert werden. Doch schon bald wird es eng für die Opelaner und die im Jahr 2015 amtierende Bundesregierung wird sich vielleicht die Frage stellen, warum Deutschland so viele Milliarden ausgegeben hat, nur um eine Automarke zu retten.

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