Zukunft der Autoindustrie:Auto, Motor, Spott

Hektische Suche nach neuen Antrieben: Warum die großen Hersteller sich sagen lassen müssen, dass sie auf die Zukunft nicht vorbereitet sind.

Karl-Heinz Büschemann

Jetzt gibt es auch noch Schwierigkeiten in China und Indien. Die beiden Länder mit ihren Milliardenvölkern waren gerade noch die Hoffnung der Autoindustrie.

Zukunft der Autoindustrie: Asien und vor allem China sollte die Verluste der Autoindustrie in Europa wettmachen. Doch daraus wird nichts.

Asien und vor allem China sollte die Verluste der Autoindustrie in Europa wettmachen. Doch daraus wird nichts.

(Foto: Foto: AP)

Die hat auf ihren angestammten Märkten in Europa und Nordamerika wachsende Absatzsorgen. Die asiatischen Boomländer würden den gefährlichen Verkaufsschwund mehr als ausgleichen, war die Hoffnung.

Die Krisenzeichen sind nicht zu übersehen. In Indien ist der Autoverkauf im Juli zum ersten Mal seit drei Jahren zurückgegangen. In China fielen im August die Absatzzahlen im Vergleich zum Vorjahresmonat sogar um 11,2 Prozent.

Für ein Land, in dem bisher zweistellige Wachstumsraten auf dem Automarkt jahrelang der Normalfall waren, ist das ein katastrophaler Wert. Auch der Hoffnungsmarkt Brasilien enttäuscht inzwischen. Der Absatz wird dort in den kommenden beiden Jahren nach den Schätzungen des Center Automotive Research in Gelsenkirchen schrumpfen.

Tiefster Stand seit elf Jahren

"Die hohen Ölpreise, die Auswirkungen der Immobilien- und Bankenkrise in den USA und das stotternde Wirtschaftswachstum werden in den nächsten 18 Monaten tiefe Spuren in den Weltautomärkten hinterlassen", urteilt das Gelsenkirchener Institut.

Der Automarkt in Europa fällt dieses Jahr auf den tiefsten Stand seit elf Jahren. Selbst lange vom Erfolg verwöhnte Hersteller klagen über schlechte Geschäfte. BMW korrigierte gerade die Gewinnprognosen nach unten und streicht den geplanten großen Geländewagen X 7 aus dem Programm. Er braucht zu viel Sprit und passt offenbar nicht mehr in die Zeit.

Der amerikanische Markt fällt in diesem Jahr auf das tiefste Niveau seit 1993. Die drei großen heimischen Autohersteller General Motors, Ford und Chrysler stehen am Rand der Pleite. Selbst der japanische Autokonzern Toyota, der allen Konkurrenten davonzufahren schien, wurde von der amerikanischen Misere erfasst und muss seine Zahlen nach unten anpassen.

Nur Russland liefert für die Autoindustrie gute Nachrichten. Die hohen Preise für Öl und Gas, die anderswo die Nachfrage nach Autos bremsen, sorgen in diesem Energieland für einen Nachfrageboom. Wo in diesem Jahr noch 3,2 Millionen Autos verkauft werden, wird der Absatz 2010 schon vier Millionen Autos betragen, so das Center Automotive Research. Doch Russland allein macht die Zahlen der Branche nicht schöner.

Branche ist hilflos

Die Autoindustrie der Welt hat ein Grundproblem. Denn sie hat sich nahezu komplett auf den Benzin- oder Dieselmotor verlassen. Die heftigen Öl- und Benzinpreissteigerungen haben die Branche offenbar überrascht, obwohl sie von vielen Fachleuten seit Jahrzehnten vorhergesagt werden. Alternativen zum herkömmlichen Verbrennungsmotor sind lediglich in Ansätzen erkennbar.

"Die Autoindustrie ist nur bedingt auf die Herausforderungen vorbereitet", urteilt Professor Wolfgang Meinig von der Forschungsstelle Automobilwirtschaft der Universität Bamberg. "Die großen Unternehmen haben die Szenarien für die Zukunft nicht ausreichend durchgespielt", sagt Meinig. "Sonst hätten sie längst etwas anderes entwickelt."

Am Freitag startete der Daimler-Chef Dieter Zetsche gemeinsam mit dem Vorstandsvorsitzenden des Stromkonzerns RWE, Jürgen Großmann, und Bundeskanzlerin Angela Merkel vor Fernsehkameras in Berlin eine Versuchsreihe mit einem Elektro-Smart. Etwas hilflos hantierte die Kanzlerin dabei mit dem Kabel herum, das dem Zweisitzer den nötigen Saft verschaffen soll. Das entspricht der Stimmung in der Branche.

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Sie hofft zwar auf Erfolge durch den Elektroantrieb, weiß aber nicht, ob er eine langfristige Alternative sein kann. Das weiß offenbar auch Matthias Wissmann nicht, der Präsident des deutschen Automobilverbandes VDA. Ob der Stromantrieb eine Zukunft hat, könne man "schon in vier, fünf Jahren erahnen", sagt der Verbandschef in rätselhaften Worten.

Auch Willi Diez, ein Autoexperte und Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen hält die Autoindustrie für "nicht gut vorbereitet". Die starken Ölpreissteigerungen habe offenbar niemand vorhergesehen. Aber er wagt eine Prognose: Im Jahr 2050 werde es bei den Autoantrieben wieder eine Monokultur geben.

Dann würden alle Autos wahrscheinlich mit einer Batterie angetrieben, deren Strom aus Wasserstoff erzeugt wird - entweder mit einer Brennstoffzelle im Auto oder mit Hilfe von Strom aus regenerativen Kraftwerken. Woher aber der Wasserstoff kommen soll, das kann auch Diez nicht beantworten.

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