Zuckerberg vor dem US-Kongress:Facebook-Chef auf dem heißen Stuhl

Mark Zuckerberg

Mark Zuckerberg in der Anhörung.

(Foto: dpa)
  • Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat vor dem US-Kongress ausgesagt.
  • Dabei räumte er erneut ein, Fehler gemacht zu haben.
  • Er habe Facebook gegründet und betreibe es, also sei auch er dafür verantwortlich, sagte Zuckerberg.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Noch im November hatte alles so einfach ausgesehen für Mark Zuckerberg. Der Kongress im fernen Washington rief nach einem Facebook-Verantwortlichen, der erläutern sollte, wie und warum das soziale Netzwerk im Jahr 2016 in mögliche Einflussversuche auf die US-Präsidentschaftswahl verwickelt war. Doch der Konzernchef dachte gar nicht daran, Kalifornien zu verlassen, und schickte stattdessen einen Adlaten - sehr zum Missfallen der Abgeordneten, die sich düpiert fühlten.

Nur einige Monate später ist die Welt für den Konzernchef eine gänzlich andere: An diesem Dienstagnachmittag sitzt Zuckerberg höchstpersönlich vor 44 Senatoren im Saal SH-216 des Hart-Bürokomplexes, der gleich neben dem berühmten Hauptgebäude auf dem Washingtoner Kapitolshügel liegt. Er hat das geliebte blau-graue T-Shirt gegen ein weißes Hemd, eine fliederfarbene Krawatte und einen schicken dunkelblauen Anzug getauscht und auf jenem Zeugensessel Platz genommen, den US-Journalisten den "heißen Stuhl" nennen.

Zuckerberg hatte schlicht keine andere Wahl mehr gehabt, nachdem bekannt geworden war, dass ein Geschäftspartner die Daten von bis zu 87 Millionen Facebook-Nutzern an die dubiose Politikberatungsfirma Cambridge Analytica verkauft hatte. Ein weiteres Fernbleiben hätte wohl nicht nur ihn selbst, sondern auch sein Unternehmen teuer zu stehen kommen können. "Es war mein Fehler, und es tut mir leid", sagt Zuckerberg in seiner kurzen Eröffnungsrede, verweist aber auch darauf, dass Cambridge Analytica versprochen hatte, die Daten zu löschen.

Leider habe er die Einhaltung der Zusage jedoch nicht überprüft. Klar sei: "Ich habe Facebook gegründet, ich betreibe es, und ich bin dafür verantwortlich, was dort passiert", sagt er. Ihm sei aber wohl nicht bewusst gewesen, "wie weit unsere Verantwortung reicht." Die Demutsgeste war dringend nötig, denn die unfreiwillige Weitergabe Hunderter Millionen Nutzerdaten an Cambridge Analytica und die vielen anderen Fehler der letzten Jahre haben Nutzer wie Politiker gegen Facebook aufgebracht. "Viele Kollegen beider Parteien haben lange geglaubt, dass die Tech-Industrie sich selbst regulieren kann. Das könnte sich ändern", sagt Senator John Thune, ein Republikaner aus South Dakota.

Tatsächlich will der Kongress nach Jahren der Lippenbekenntnisse endlich einen Plan sehen, der sicherstellt, dass Facebook die Privatsphäre seiner mehr als zwei Milliarden Nutzer besser schützt und energischer gegen Versuche ausländischer Geheimdienste und Trolle vorgeht, die Plattform zu missbrauchen - etwa zur Beeinflussung von Wahlen.

Warum haben Nutzer nicht viel früher erfahren, was mit ihren Informationen passiert ist?

Zuckerberg hört den Senatoren äußerlich unbewegt zu, nur die Augenlider, die beinahe im Sekundenrhythmus auf- und zuklappen, verraten die Anspannung, unter der er steht. Jeder Mensch auf der Welt habe ein Recht auf den Schutz seiner Daten, sagt der 33-Jährige, und das hat tatsächlich nur noch wenig mit seiner Aussage von vor ein paar Jahren zu tun, die Zeit der Privatsphäre sei vorbei. Facebook sei auch nicht einfach eine neutrale Plattform, sondern für die Inhalte, die über das Netzwerk verbreitet würden, verantwortlich. Auch das hatte früher anders geklungen. Knapp zwei Stunden lang gelingt es Zuckerberg, die Fragen der Senatoren recht souverän zu beantworten.

Dann schlägt Sitzungsleiter Chuck Grassley vor, eine Pause zu machen. "Ein paar Runden gehen schon noch", sagt Zuckerberg, der jetzt offensichtlich Oberwasser hat. Ein Fehler, denn als nächster ist der demokratische Senator Richard Blumenthal aus Connecticut dran, der den Facebook-Chef als erster so richtig in die Mangel nimmt. Er weist ihm nicht nur nach, dass das Unternehmen den Verkauf von Nutzerdaten an Dritte - und damit auch an Cambridge Analytica - widerrechtlich gestattet hatte. Er stellt Zuckerbergs Arbeit vielmehr grundsätzlich in Frage: "Ihr Geschäftsmodell ist es, die Privatsphäre bis zum größtmöglichen Gewinn auszubeuten", sagt Blumenthal. Zuckerberg druckst herum. Kurz darauf bietet Grassley erneut eine Pause an. Niemand widerspricht.

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