Zoff um Rußfilter:Umwelthilfe prangert Mehdorn an

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Bricht Bahn-Chef Mehdorn sein Wort? Die Deutsche Umwelthilfe vermutet das - weil der Konzern entgegen früherer Zusagen neue Rangierloks ohne Filter bestellt.

Th. Denkler

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ist bekannt für ihre zugespitzte Pressearbeit. Im Streit um defekte Dieselrußfilter für Pkw hat sie nahezu jede Werkstatt-Filiale per Pressemitteilung gerügt, die die defekten Filter nicht umgehend gegen Filter anderer Hersteller austauschen wollte. Im Jahr 2005 prangerte die DUH Rückstände der Druckchemikalie ITX in Getränkeverpackungen an - ein Skandal, der offenbar nie einer war.

Die Bahn bestellt neue Rangierloks - aber erst einmal ohne Rußfilter. (Foto: Foto: dpa)

Für diesen Donnerstag nun kündigt die Umwelthilfe eine Pressekonferenz an, bei der sie die Deutsche Bahn mächtig attackieren will. "Bahn-Chef Mehdorn bricht sein Wort", steht über der Einladung.

Es geht mal wieder um Rußfilter, ein Lieblingsthema der Deutschen Umwelthilfe. Wofür sie sich auch gerne von deutschen Filterherstellen sponsern lässt, wie sie im Gespräch mit sueddeutsche.de offen einräumt. Sprecher Gerd Rosenkranz: "Wer darüber schreibt, dass wir solche Spenden kriegen, der stellt das Erfolgsrezept der DUH richtig dar."

Die Bahn also hat 130 neue Rangierloks vom Typ Gravita 10 BB des Kieler Herstellers Voith Turbo Lokomotivtechnik in Auftrag gegeben. Einkaufswert: 250 Millionen Euro. Die neuen Diesel-Loks sollen 2010 ausgeliefert werden - wenn möglich mit Rußpartikelfilter.

Es geht ums Geld

Der starke Vorwurf der Umweltschützer: Die Lokomotiven würden jetzt entgegen früherer Zusagen ohne Filter bestellt. Eine Selbstverpflichtung werde nicht eingehalten, wonach alle neuen Dieselloks mit Rußfilter ausgestattet werden sollen. Die Bahn erklärt dagegen, es habe sich lediglich um eine Absichtserklärung in diese Richtung gehandelt.

Auf dieser Grundlage hat die Bahn 130 Rangierloks mit der Option auf einen Dieselrußfilter bestellt; kurz vor Weihnachten ist diese Option von Seiten der Bahn zunächst gestrichen worden. Die Bahn begründet das heute mit der weltwirtschaftlichen Entwicklung, die zu einem Einbruch im Güterverkehr auf der Schiene geführt habe. Kurzum: Es ging ums Geld.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum die ganze Aufregung verfrüht ist.

Die Deutsche Umwelthilfe hingegen spricht von einer "einsamen Entscheidung" des Bahnchefs Hartmut Mehdorn. Der habe seinen Ruf als "Brachialmanager" bestätigt und "nebenbei auch den Willen seines Arbeitgebers und 100-Prozent-Eigners - der Bundesrepublik Deutschland torpediert". Mehdorn schiebe die Bahn "aufs Abstellgleis".

Bahnchef Hartmut Mehdorn (Foto: Foto: AP)

Doch die Aufregung ist wohl etwas verfrüht. Schon Mitte Februar wurde von der deutschen Niederlassung des schweizerischen Filterherstellers HUG Engeneering ein neues, günstigeres Angebot eingefordert, um damit der Bahn gegenübertreten zu können. HUG soll die Filter für die neuen Dieselloks liefern.

In ersten Nachverhandlungen habe der Preis von 100.000 Euro auf 80.000 Euro pro Anlage und Lok heruntergeschraubt werden können, heißt es im Umfeld der Bahn. Es gebe noch weiteren Spielraum. Uwe Schmidt, Leiter der deutschen HUG-Niederlassung in Magdeburg, sagt zu sueddeutsche.de: "Ich habe berechtigte Hoffnung, dass die Bahn die Filter tatsächlich will."

Das geschah übrigens alles, noch bevor die Deutsche Umwelthilfe Mehdorn öffentlich des "Wortbruchs" bezichtigte. Die Umweltschützer selbst verweisen auf die anberaumte Pressekonferenz.

Noch auf sicherem Boden

Gesetzlich würde sich die Bahn auch ohne Filter auf sicherem Boden bewegen. Erst von 2012 an sind die Abgasnormen so scharf, dass sie nur mit Filtern eingehalten werden können. Das gilt jedoch nur für neue Loks.

Die Deutsche Umwelthilfe prophezeit, es komme jetzt zu Verzögerungen bei der Auslieferung wegen "Umkonstruktionen an den Lokomotiven, deren Design bereits für den Filtereinbau vorbereitet war", heißt es in der Pressemiteilung.

Dabei gibt es wohl keinen besonderen Zeitdruck. Erst bis Jahresende muss die Bahn sagen, ob sie Filter will oder nicht. Die Bahn erklärt auf Nachfrage, dass es nach Rücksprache mit dem Hersteller Voith keine Verschiebungen geben werde.

Technisch ließe sich das auch kaum begründen. Der Filter wird mit wenig Aufwand in das Gehäuse des Schalldämpfers der Lok eingebaut.

Die Bahn zögert nicht nur wegen der Kosten. Ihrer Ansicht nach ist die Filtertechnik noch nicht so ausgereift, dass sie den täglichen Einsatz im Rangierbetrieb gewachsen ist. Bisher hat weltweit nur die Schweizer Bahn viel Erfahrung mit Filter-Loks.

Hier könnte die Bahn allerdings in Erklärungsnot geraten. Allein der Filterhersteller HUG hat 800 Loks der schweizerischen Bahngesellschaft SBB mit Filtern ausgerüstet. Mit allen Privatbahnen zusammen sind auf den Schienen des Alpenlandes fast 1200 Loks mit Filter im Einsatz. Sie pusten 97 Prozent weniger Rußpartikel in die Luft als filterlose Vehikel.

Technisch dürfte der Einbau bei der bestellten Voith-Lok der Bahn keinen überfordern. HUG kann inzwischen Systeme liefern für Loks mit einer Leistung von 150 bis zu 3000 Kilowattstunden (kWh) - die von der Bahn georderten Loks bringen es auf 1000 kWh.

Geht es also doch vor allem ums Geld?

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