Zoff um Porsche:Streithähne vom Dienst

Monatelange Querelen und heftige Verbalattacken: Eigentlich wollte Porsche Volkswagen übernehmen, doch dann scheiterte der Plan. Die wichtigsten Kämpfer im Überblick.

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Monatelange Querelen und heftige Verbalattacken: Eigentlich wollte Porsche Volkswagen übernehmen, doch dann scheiterte der Plan.Die wichtigsten Kämpfer im Überblick.Glückloser SchachspielerWendelin Wiedeking kämpft in aussichtsloser LageDer Porsche-Vorstandsvorsitzende Wendelin Wiedeking, 56, verwendet gern das Bild vom Schachspieler, wenn es um die Porsche-Strategie der VW-Übernahme ging. Den nächsten Zug dürfe man nicht verraten, man müsse aber auf überraschende Züge des Gegners vorbereitet sein. Wohl wahr.Aber wenn sich zusätzliche Gegner wie Finanzmarktkrise und Kreditklemme ins Spiel mischen, kann man plötzlich vor dem Schachmatt stehen. In genau dieser ausweglosen Situation scheint der viele Jahre erfolgsverwöhnte Porsche-Lenker, der als gradlinig und unerschrocken gefeierte Manager nun zu stecken. Der Mann mit dem überbordenden Ego hat den Plan ersonnen, den Riesen durch den Zwerg übernehmen zu lassen. Der Übernahmecoup hätte ihn zur Legende gemacht, Wiedeking lässt sich daher nur schwer von seiner Idee abbringen. Doch inzwischen ist er umzingelt vom Springer Ferdinand Piëch sowie vom Turm Martin Winterkorn und möglicherweise nicht ausreichend gepuffert vom Bauern Wolfgang Porsche.In seinen inzwischen 17 Jahren an der Unternehmensspitze hat Wiedeking den Anfang der neunziger Jahre vor der Pleite stehenden Sportwagenhersteller zum profitabelsten Autohersteller der Welt gemacht. Sein Einsatz wurde ihm von den beiden Eigentümer-Familien Porsche und Piëch fürstlich entgolten. Dank der sprudelnden Gewinne von Porsche kassierte er für das vergangene Jahr 80 Millionen Euro. Einiges spricht dafür, dass sich auch für Wiedeking ein fast ehernes Gesetz bewahrheiten wird: Vergangenes Jahr wurde er noch zum "European Manager of the Year" gewählt; solche Preisträger schlagen meist zielsicher im Jahr darauf auf dem Boden des Misserfolgs auf.Text: Dagmar Deckstein Foto: ddp

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Der treue LeibwächterUwe Hück wollte für alle VW-Mitarbeiter sprechenEinst absolvierte Uwe Hück, 47, nur die Sonderschule. Heute ist der gelernte Lackierer einer der bekanntesten und einflussreichsten Betriebsratsvorsitzenden der Republik. Der kahlköpfige Hüne, ein ehemaliger Profi-Thaiboxer, könnte auch gut als Leibwächter von Wendelin Wiedeking oder von dessen Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche durchgehen. Aber nicht als der von Ferdinand Piëch. Hücks Antwort auf die Frage nach seinem Verhältnis zum anderen mächtigen Familiengesellschafter beginnt oft mit einem vielsagenden: "Ich möchte nicht lügen müssen." Einmal mobilisierte er die Porsche-Mitarbeiter zur Demonstration gegen Piëch.An Selbstbewusstsein mangelt es Hück nicht. Das hat damit zu tun, dass er sich viele Jahre lang von der Erfolgssonne Wiedekings bescheinen lassen durfte. Geschickt hat der Porsche-Lenker den Betriebsratschef in seine Strategie mit eingebunden. Auch wenn Hück seinem Chef gerne mal sehr drastisch die Stirn bietet und ihm ein "Wiedeking, du hast wohl ein Loch im Kopf" vorhält. Aber bei dessen Durchmarschstrategie in Wolfsburg stand Hück stets hinter Wiedeking und fetzte sich mit seinem VW-Gegenüber Bernd Osterloh um die Vormacht bei den Beschäftigten des neuen Großkonzerns. Osterloh zu überflügeln ist offenbar ein Motiv, sich verbissen für Porsche zu verkämpfen.Text: Dagmar Deckstein Foto: dpa

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Spät berufenWolfgang Porsche vertritt die Interessen der FamilieDer Ernstfall ereilte den wohlhabenden Erben erst in fortgeschrittenem Alter. Jahrzehntelang bewegte Wolfgang Porsche, 66, die Gemüter von Society und Klatschreportern allenfalls als Partygänger an der Seite seiner zweiten Ehefrau, einer Filmproduzentin. Aufsehen erregte er vielleicht noch im Kreise der 356er-Cabrio-Fahrer beim Porsche-Treffen oder wenn er bei der Jagd gute Witze erzählte.Dabei gehörte er schon seit 1978 dem Aufsichtsrat des Sportwagenherstellers an. Es blieb eher unbemerkt. Das änderte sich im Jahr 2007, als der frühere Henkel-Mann Helmut Sihler abtrat und "WoPo", wie sie ihn in Zuffenhausen nennen, den Vorsitz des Aufsichtsrates übernahm. Zum ersten Mal leitete er die Hauptversammlung in der Porsche-Arena. Das Personal war erst ganz aufgeregt und dann beruhigt angesichts der gelassenen Art, mit der "WoPo" seine neue Rolle ausfüllte. Das fiel dann auch in die Zeit, als sich sein oberster Angestellter Wendelin Wiedeking anschickte, den 30-mal größeren VW-Konzern zu schlucken. Wiedeking gebrauchte grobe Worte und Herr Porsche sah sich als besänftigender Moderator. Das müsste er nun wieder sein, wenn der Plan doch noch gelingen soll, seinen Cousin Ferdinand Piëch als VW-Patriarchen zu entthronen. Das ist nicht unmöglich, aber schwierig. Denn dazu muss Wolfgang Porsche das Land Niedersachsen und die Vertreter der Arbeitnehmer im VW-Aufsichtsrat auf seine Seite bringen.In Treue unzertrennlich stehen dort aber zur Zeit nur Wolfgang Porsche und sein Vasall Wendelin Wiedeking. Der hat aus dem Millionär Porsche einen Milliardär gemacht, und dieser hat als Aufsichtsratschef dann beim VW-Schlamassel mitgemacht.Text: Michael Kuntz Foto: AP

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Ein Politiker, der mitbestimmtCDU-Mann Christian Wulff kann eigentlich nur gewinnenChristian Wulff, 50, hat im Streit zwischen VW und Porsche die schönste Rolle. Er schaut zu und ist zugleich der wichtigste Spieler. Dem CDU-Politiker und Ministerpräsident von Niedersachsen - er sitzt in dieser Funktion wie schon lange vor ihm auch Gerhard Schröder im Aufsichtsrat von VW - ist anzusehen, wie er diese Rolle genießt. "Das Obst ist reif, es muss jetzt nur gepflückt werden", sagte er am Dienstag.Was immer der VW-Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piëch mit VW und dem Sportwagenhersteller Porsche vorhat, an dem Piëch auch selbst beteiligt ist: Er muss Wulff um Genehmigung fragen. Auch Wolfgang Porsche, der ebenfalls Miteigner von Porsche ist, Aufsichtsratschef von Porsche und Gegenspieler seines Cousins Ferdinand Piëch, muss in der Staatskanzlei von Hannover fragen, ob seine Pläne genehm sind. Besser kann es für Wulff nicht laufen.Niedersachsen besitzt 20 Prozent der Aktien von Volkswagen, aber deutlich mehr Einfluss als ein normaler Aktionär. In der Satzung des Konzerns ist geregelt, dass kein anderer Aktionär das Land überstimmen darf. Ferner ist festgehalten, dass kein VW-Werk geschlossen oder eröffnet werden darf, wenn nicht zwei Drittel des Aufsichtsrates der Entscheidung zugestimmt haben. Bei VW läuft demnach nichts ohne Land und Belegschaft. Das kann Wulff gut zur eigenen Profilierung nutzen, zumal der größte europäische Autokonzern für ihn eine Plattform ist, die ihm größere Medienbedeutung beschert als seine politischen Taten in Bund und Land. Wulff hat sich die Vorrechte des Landes bei VW schon mal von den Streithähnen beider Seiten garantieren lassen. Er kann nie verlieren.Text: Karl-Heinz Büschemann Foto: dpa

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Mächtiger BetriebsratBernd Osterloh vertritt die Interessen der VW-ArbeiterDie Rechnung ist ganz einfach: Die IG Metall hat alleine in Wolfsburg mit 70.000 Mitgliedern mehr Angehörige als die FDP oder die Grünen bundesweit. Da ist Bernd Osterloh, 52, nicht nur ein einflussreicher Mann, weil er Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates von Europas größtem Autohersteller mit 360.000 Beschäftigten ist. Sein Einfluss reicht über die Werkstore weit hinaus. Für die Übernahme von VW durch den schwäbischen Sportwagenhersteller, der alleine nur die Größe des VW-Werkes Emden hat, gelten nicht allein die Gesetze des Kapitalismus. Es gilt auch das VW-Gesetz. Es wackelte schon, aber der Betriebsrat Osterloh und der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff haben in einer großen Koalition den Porsche-Leuten vorgeführt, wie man politische Mehrheiten organisiert.Osterloh ist kein Betonkopf. Er rückte im Sommer 2005 an die Spitze des VW-Betriebsrates, nachdem sein Vorgänger Klaus Volkert über die VW-Affäre um Tarnfirmen, Schmiergelder und Lustreisen gestolpert war. Osterloh machte mit beim Haustarif, bei dem die Belegschaft auf 20 Prozent Einkommen verzichtete und so erst die Sanierung der Marke VW ermöglichte. Der mächtigste Betriebsrat im Land wird auch am Zusammengehen von VW und Porsche mitwirken, wenn die Rechte der Arbeitnehmer erhalten bleiben.Text: Michael Kuntz Foto: dpa

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Techniker und PerfektionistMartin Winterkorn lenkt den VW-KonzernDer Maschinenbau-Professor Martin Winterkorn, 61, aus dem schwäbischen Leonberg hätte statt VW-Konzernchef genauso gut längst Porsche-Chef werden können. Wenn er aus dem Stegreif 20 Minuten über die Gleichmäßigkeit von Ledernähten auf Autositzen referiert oder erklärt, warum der neue Golf sich anfühlt wie früher nur viel größere Autos, dann ist sie da, die Freude am Produkt. Winterkorn hat sie sich erhalten - über seine bald 30 Berufsjahre in der Autoindustrie.Der als etwas knorrig geltende Techniker mit dem ausgeprägten Hang zum Perfektionismus hat mit Piëch zusammen Audi von der spießigen zur sportlichen Marke gedreht, die inzwischen auch ordentlich verdient. Seit Anfang 2007 verbreitet Winterkorn Aufbruchstimmung in Wolfsburg als Chef des Konzerns, der bis 2018 Toyota als größten Autohersteller der Welt überholen will. Winterkorn sieht mit Sicherheit kein größeres Problem darin, auch noch Porsche so zu steuern wie schon Bentley, Lamborghini oder Bugatti. Nämlich als kleine, aber feine Marken im VW-Weltreich - selbständig geführt, aber unter dem schützenden Dach des Konzerns. Arbeitgeber von Winterkorn ist der VW-Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piëch, und auf den lässt er nichts kommen. Winterkorn arbeitet mit Piëch seit 20 Jahren eng zusammen - loyal.Text: Michael Kuntz Foto: AP

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Eiserner KämpferFerdinand Piëch ist der heimliche Chef von VWDer Zoff in der Familie geht nun schon über 30 Jahre. Ferdinand Piëch hatte als Entwickler bei Porsche das Kostenbudget für einen Rennwagen so heftig überzogen, dass es seiner Verwandtschaft langte. Er flog mit Mitte 30 aus dem Familienunternehmen, und seitdem darf kein Mitglied der Clans mehr dort arbeiten. Der arbeitslose Millionär nutzte seine Karrierekrise, studierte die fernöstliche Lebensweise und gewöhnte sich jene stoische Gelassenheit an, die später oft als die eiskalte Arroganz des Mächtigen fehlgedeutet wurde.Heute, mit 72, steht Piëch kurz davor, den von ihm als angestellter Manager einst geleiteten VW-Konzern in sein Familienunternehmen verwandelt zu haben - was bei einem Unternehmen dieser Größe noch niemandem vor ihm gelungen sein dürfte. Piëch kämpft um VW mit offenem Visier: Er will Herr eines weltweit tätigen Autokonzerns sein, der vom mexikanischen Billig-Kleinwagen Lupo bis zum schweren Scania-Lastwagen alles anbietet, was über Fahrbahnen rollt. Wenn Porsche nicht VW bekommt, dann geht es für Piëch auch umgekehrt, es bleibt sowieso alles in der Familie. Eine Motorradmarke wäre auch noch schön, Piëch hat schon mal über Ducati laut nachgedacht.Der Mann ist ein Phänomen. Er könnte längst auf einer Segelyacht mit Frau Ursula um die Welt schippern. Niemand zwingt ihn, sich von Kleinaktionären anrempeln zu lassen: "Stellen Sie sich doch mal vor, Herr Piëch." Der Milliardär steigt selbst in die Bütt, und bei Hauptversammlungen ist das durchaus wörtlich zu nehmen. Das gibt viel Kritik, wenig Lob. Dabei steht niemand in Deutschland wie Ferdinand Piëch persönlich für fast 400.000 Arbeitsplätze.Text: Michael Kuntz Foto: dpa(SZ vom 15.07.2009/kfa/mel)

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