Zoff um Gigaset:Weihnachtsstress in München

Zwei Eigner, die miteinander gar nicht können: Siemens und Arques streiten um den Telefonhersteller Gigaset. Es geht um einen Millionenbetrag.

T. Fromm

In den Elektroläden soll es in diesen Tagen angeblich richtig brummen beim Geschäft mit Schnurlostelefonen der Marke Gigaset. Als ob jeder noch schnell ein Telefon unter den Tannenbaum legen wollte. "Der Verkauf läuft noch besser als erwartet", heißt es beim Gigaset-Haupteigentümer, dem Münchner Finanzinvestor Arques. Das Gigaset-Werk in Bocholt sei "voll ausgelastet", alles laufe nach Plan.

Gigaset-Telefon, Foto: Erol Gurian/Gigaset

Siemens streitet mit dem Investor Arques - dabei geht es um den Telefonhersteller Gigaset.

(Foto: Foto: Erol Gurian/Gigaset)

Die richtige vorweihnachtliche Stimmung kommt trotzdem nicht auf, denn hinter den Kulissen wird kurz vor Weihnachten kräftig gestritten. Zwischen Arques, jenem Münchner Finanzinvestor, der seit 2008 etwa 80 Prozent an Gigaset hält. Und dem Ex-Eigentümer Siemens, jenem Großkonzern vor Ort, der noch immer die restlichen 20 Prozent an dem Münchner Telefonunternehmen hält - vor allem, um Gigasets Geschicke nicht so ganz aus der Hand zu geben.

Es geht um Millionen, und es geht um zwei Unternehmen, die es schwer miteinander haben. Erst vor zwei Wochen sahen sich die Parteien vor dem Münchner Landgericht, wo Siemens die Absetzung von Gigaset-Chef Michael Hütten durchsetzte, der gleichzeitig auch Vorstand bei Arques ist. Ein schwerer Interessenkonflikt, meinte Siemens. Inzwischen trafen sich die Anwälte der beiden Gigaset-Besitzer an einem neutralen Ort in München wieder. Diesmal geht es um eine erste Rate von 15 Millionen Euro, die Arques nach Meinung von Siemens im Oktober hätte überweisen müssen. Allerdings kam das Geld nie an - ebenso wenig wie ein vereinbarter Beitrag von 20 Millionen Euro zur Gigaset-Sanierung.

Verwickelte Geschichte

"Man hat langsam den Eindruck, dass Arques das alles nicht mehr zahlen kann", heißt es in Münchner Finanzkreisen. Dagegen verwehren sich die Finanzinvestoren. 30 Millionen Euro seien bereits gleich beim Kauf geflossen, sagt Arques-Chef Hans Gisbert Ulmke. 45 Millionen Euro seien noch offen. "Davon sind je 15 Millionen Euro im nächsten und übernächsten Jahr fällig." Eine erste Rate von 15 Millionen Euro, die im Oktober fällig gewesen war, sei im Rahmen "einer Grundsatzvereinbarung erlassen worden". Worum es bei dieser Grundsatzvereinbarung geht, will Arques nicht verraten, nur so viel: Die nächste Rate sei erst im nächsten Jahr fällig.

Bei Siemens sieht man das anders. Es sei über die Zahlung der Rate verhandelt worden - die Gespräche seien allerdings gescheitert, heißt es in Münchner Kreisen, und man warte darauf, dass Arques nun einen neuen Termin vorschlage. Arques behauptet aber, man stehe noch in Verhandlungen; von einem Abbruch der Gespräche könne "keine Rede sein". Es geht bei Gigaset um 1800 Mitarbeiter und ein Geschäft, das zuletzt 500 Millionen Euro Jahresumsatz brachte.

Ob nun Siemens oder Arques Recht hat und was wirklich hinter dem Streit steckt - es ist eine verwickelte Geschichte. Eine Siemens-Sprecherin wollte sich zum Thema Gigaset nicht äußern, sagte jedoch, dass der "Ausgang der Verhandlungen für Gigaset enorm wichtig" sei. Man sei mit Arques "in Gesprächen, um das Geschäft von Gigaset stabil zu halten", und hoffe, hier "zügig voranzukommen". Es ist nicht das erste Mal, dass beide über Millionen streiten. Zuletzt kam es dazu im Oktober, als Arques eine Finanzhilfe von fast 20 Millionen Euro für Gigaset nicht überwies. Weil es nicht erforderlich war, so der Investor.

Als kurze Zeit später dann auch noch die Gigaset-Geschäftsführung durch den eigenen Vorstand Hütten ausgetauscht wurde, interpretierte Siemens dies als unlauteres Manöver: Denn der neue Gigaset-Chef stoppte wie durch ein Wunder die Anforderung der Millionenüberweisung. Insider fragten sich, ob Arques überhaupt in der Lage gewesen wäre, die Hilfen zu zahlen - und ob man deshalb den Vorstand ausgetauscht hatte. Bei Arques heißt es dazu, als Eigentümer führe man "Gigaset so, wie wir das für richtig erachten". Zuletzt, sagen Branchenkenner, sei der Investor auffällig zielstrebig aus Beteiligungen ausgestiegen.

So hatte der Investor kürzlich den britischen Autoglas-Spezialisten Auto Windscreens für mehr als zehn Millionen Euro abgegeben. Im November war man die Fahrschule British School of Motoring wieder losgeworden. Nettoerlös: rund elf Millionen Euro. In beiden Fällen hieß es, das eingenommene Geld werde für die "Tilgung von Finanzverbindlichkeiten eingesetzt". Geht es am Ende doch um Gigaset und die Folgen? Arques sieht da keinen Zusammenhang. "Bei unseren jüngsten Beteiligungsverkäufen haben wir zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Preise bekommen", sagt Ulmke. Dies habe "nichts mit Gigaset zu tun".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: