Zinsen:Jetzt ist das Geld umsonst

Mehr Falschgeld als im Vorjahr in Thüringen

Die Botschaft einer 0,0-Zins-Politik: Das Geld kostet nichts mehr.

(Foto: dpa)

Kindern wird gepredigt, dass Schulden schlecht seien. Das stimmt nicht mehr. Der Nullzins nimmt dem Sparen den Sinn.

Von Marc Beise

Kind, Schulden machen, nein! So hieß es in Deutschland für Generationen, wenn der Nachwuchs mit seinem Taschengeld nicht auskam. Bloß nicht in die Miesen kommen, das ist schlecht, und der Beweis: es kostet. Bekam man mal 20 Mark geliehen für eine ganz dringende Anschaffung, bestanden die Eltern auf einem wenigstens symbolischen Zins, damit klar ist: Geld leihen, das ist keine Kleinigkeit.

Obwohl die Ökonomen lehren, dass Schulden nicht grundsätzlich schlecht sind, sondern zum Beispiel frühzeitige Investitionen ermöglichen, hielt man sich noch als Erwachsener an die eiserne Regel: Waschmaschine, Stereoanlage, Konsumgüter - tunlichst aus Erspartem bezahlen. Nur die ganz großen Anschaffungen, die Immobilie zum Beispiel, durfte fremdfinanziert werden, schweren Herzens. Und heute?

Die Botschaft einer 0,0 ist klar

Seit diesem historischen Donnerstag, dem 10. März 2016, an dem die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins auf 0,0 Prozent gesenkt hat, ist alles anders. Ein Paradigmenwechsel sei das, sagen die gelehrten Leute, also ein Wechsel der Rahmenbedingungen. Zwar geht es bei der EZB nur um den Zins, zu dem sie Geld an die Banken verleiht, aber das zieht alle anderen Zinsen nach unten, und die Botschaft ist klar: Geld kostet nichts mehr. Geld ist umsonst.

Das wirft grundlegende Fragen der Ökonomie auf. Was ist ein Kapitalismus noch wert, in dem Kapital nichts mehr wert ist? Im Kapitalismus bestimmt die Verfügbarkeit von Geld die Geschäfte, und das Geld wird über den Zins gesteuert, also den Preis für geliehenes Geld. Der Zins hat eine wichtige Selektionsfunktion. Je riskanter ein Geschäft ist, desto höher ist der Zins. Wenn der Zins null ist, gibt es kein Risiko, kein Kontrollinstrument für gefährliche Geschäfte. Man hat es in der Finanzkrise erlebt und sogar schon davor. Die extreme Verschuldung einiger Euro-Staaten, die Zockerei der Banken, die wachsende Ungleichheit in der Welt - das alles hat etwas mit viel Geld im Umlauf und niedrigen Zinsen zu tun.

Wie soll man das nur den Kindern erklären

Und nun kommt alles noch schlimmer. Menschen müssen ihre Altersversorgung überdenken. Heute sparen, um im Alter zu haben, das funktioniert nicht mehr. Verantwortlich mit Geld umgehen, zahlt sich nicht aus. Stattdessen wird man womöglich in riskante Geldanlagen getrieben.

Am Ende muss man damit rechnen, dass die eigenen Kinder, so sie denn gut informiert sind, die Ermahnung, mit Geld sorgsam umzugehen, mit dem Hinweis auf diesen Super-Mario in Frankfurt kontern, der das doch auch nicht tue.

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