Zinsbesteuerung nach Offshore-Leaks:Österreichs Bankgeheimnis in Gefahr

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Seit Jahren blockiert die Regierung in Wien eine EU-Reform zur Zinsbesteuerung. Nach den jüngsten Medienberichten über massenhafte Steuervermeidung wackelt der zweite verbliebene Blockierer Luxemburg - Österreich steht unter Druck, sein Bankgeheimnis zu lockern.

Das Geheimhaltung von Bankdaten ist in Österreich sakrosankt - mit dieser strikten Haltung blockiert die Regierung in Wien seit Jahren eine wichtige Reform der Zinsbesteuerung in der Europäischen Union. Bisher konnte Österreich dabei als Verbündeten auf Luxemburg zählen. Doch unter dem Druck der jüngsten Medienberichte über massenhafte Steuerhinterziehung will sich die luxemburgische Regierung unter dem Christdemokraten Jean-Claude Juncker nun bewegen. Dies kündigte Luxemburgs Finanzminister Luc Frieden am Wochenende an.

"Es ist jetzt unmöglich, dass ein einziges Land die anderen 26 EU-Mitglieder blockiert", sagte eine Sprecherin der EU-Kommission in Brüssel. "Es wird für Österreich sehr schwierig sein, seinen Widerstand aufrechtzuerhalten." Ganz anders sieht das die österreichische Finanzministerin Maria Fekter. Der Tageszeitung Österreich sagte sie, dass sie "wie eine Löwin für das Bankgeheimnis" kämpfe. Diese Einstellung ist vor allem kurz vor der Parlamentswahl im Herbst nicht verwunderlich, denn das Bankgeheimnis hat in Österreich eine lange Tradition und ist sogar in der Verfassung verankert.

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Die seit 2005 geltende Zinsbesteuerungsrichtlinie verpflichtet die EU-Staaten zu einem automatischen Austausch über Zinserträge, die Bankkunden aus einem EU-Land in einem anderen Land kassieren, um sie zu besteuern. Luxemburg und Österreich nehmen eine Ausnahme in Anspruch: Sie müssen pauschal eine Quellensteuer von 35 Prozent auf die Zinserträge erheben und zum Teil an die Heimatländer der Kunden abführen, ohne deren Kontodaten preiszugeben. Die Finanzbehörden anderer Staaten können das nicht kontrollieren. Auch Belgien war zu dieser Ausnahme berechtigt, ging ab Ende 2009 aber freiwillig zum automatischen Informationsaustausch über. Luxemburg und Österreich müssten nach der Richtlinie den automatischen Austausch der Kontodaten einführen, sobald die EU Abkommen mit den fünf europäischen Nicht-EU-Staaten Schweiz, Andorra, San Marino, Monaco und Liechtenstein sowie mit den USA über den Austausch von Kontodaten auf Anfrage geschlossen hätte.

Da Steuergesetze und -abkommen in der EU einstimmig beschlossen werden müssen, konnten Österreich und Luxemburg die schon Ende 2008 vorgeschlagene Reform der Zinsbesteuerungs-Richtlinie ebenso blockieren wie ein Verhandlungsmandat für die EU-Kommission zum Abschluss der Steuerabkommen mit Drittstaaten. Die Reform zielt darauf ab, Steuerschlupflöcher zu schließen. So soll die Bemessungsgrundlage von reinen Sparguthaben auf Investmentfonds oder Lebensversicherungen ausgeweitet werden, die vor allem auf Zinsprodukten basieren.

© Süddeutsche.de/Reuters/dpa/jhal/mike - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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