Zerschlagung von Laiki in Zypern:Die Bank, die plötzlich weg ist

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Laiki-Zentrale in Nikosia

(Foto: AFP)

1987 brachte sie die Geldautomaten auf die Insel, am Ende hatte sie nicht mehr genug Cash, um die eigenen Maschinen zu befüllen: Die Traditionsbank Laiki wollte mit Zypern in die Zukunft und übernahm sich. Jetzt wird sie zerschlagen, Tausende Angestellte entlassen. Um das Geld russischer Investoren buhlen nun andere europäische Steueroasen. Es gibt ja genug.

Jannis Brühl

Apokalyptisches spricht der Bank-Chef, der gerade seine Macht verloren hat: Die Aufspaltung der Laiki Bank bedeute "das Ende der zyprischen Wirtschaft", sagt Takis Phidias, Boss des zweitgrößten Instituts der Republik. Seine Bank gibt es seit Montagmorgen praktisch nicht mehr. Der Staat zerschlägt - in Abstimmung mit den Geldgebern - Laiki und nimmt sich einen satten Teil der Guthaben von den wohlhabenderen Anlegern der Bank. Sie werden zunächst eingefroren, dann dezimiert. Unverkäufliche Kredite werden in eine "Bad Bank" ausgelagert und - so hoffen alle Beteiligten - irgendwann doch noch zu Geld gemacht (PDF der Euro-Gruppen-Erklärung).

Als sich Zyperns Präsident Nikos Anastasiadis in den Verhandlungen Sonntagnacht sperrte, Laiki dichtzumachen, malten ihm die Verhandlungsführer der Euro-Gruppe um deren Chef Jeroen Dijsselbloem ein düsteres Szenario aus, berichtet die Financial Times. Laiki habe praktisch kein Geld mehr, sagte Dijsselbloem im Interview: "Es war absolut kein Bargeld mehr in der Bank. Sie konnten die Maschinen nicht mehr füllen." Die Geldautomaten seien kurz davor gewesen, "auszutrocknen". Anastasiadis willigte schließlich ein. Laiki ist Geschichte.

Auch Kontoinhaber mit mehr als 100.000 Euro in der Bank of Cyprus (BoC), des einzigen Instituts des Staates, das größer als Laiki ist, verlieren 30 Prozent ihres Geldes. Anleger, die Summen über dieser Grenze bei Laiki liegen haben, dürften noch mehr zahlen. Mehr als vier Milliarden Euro müssen aus ihren Konten zusammenkommen.

Hohe Zinsen, riskante Geschäfte

Der Schritt ist in der Geschichte der Europäischen Union bislang einmalig. Kleinanleger bleiben entgegen der ursprünglichen Pläne verschont, zahlen müssen größere Kreditgeber und Eigentümer. 16 Prozent der Anteile verteilen sich der Bank zufolge auf 92.000 private und professionelle Anleger. Der Rest gehört dem Staat. Auch Eigentümer von Anleihen der Bank müssen zahlen. Wenn am Donenrstag die Banken wieder öffnen, wird auch Laiki noch einmal aufmachen, Abhebungen sind aber stark begrenzt.

Aus Sicht der Geldgeber ist die Vereinbarung ein Fortschritt: Sie müssen nicht mehr die ganze Rettung schultern, weil auch jene beteiligt werden, die der Bank das Kapital zur Verfügung stellten. Laiki bot Anlegern hohe Zinsen, dafür musste das Institut entprechend riskante Geschäfte eingehen - unter anderem übernahm sie sich mit Bond-Käufen.

"Laiki" heißt "Volk", eine Bank für alle Zyprer wollte sie sein. 1901 wurde sie gegründet. 1924 wurde sie zur ersten zyprischen Aktiengesellschaft. Sie erhielt die Registrierungsnummer 1 und installierte 1987 die ersten Geldautomaten auf Zypern. 1992 eröffnete sie Niederlassungen in Athen und begann ihre internationale Expansion. Heute macht Laiki mehr als neunzig Prozent ihres Geschäfts in Zypern und Griechenland. Schon am Freitag wurde bekannt, dass sie ihr griechisches Filialnetz an die Piräus Bank aus Griechenland verkaufen wird.

Auch in Russland und der Ukraine ist Laiki - wenig überraschend - vertreten. Zu den zehn Ländern mit Laiki-Niederlassungen gehören auch Malta und die Kanalinsel Guernsey, zwei europäische Steuerparadiese. 2011 eröffnete sie gar ein Büro in China. Im selben Jahr bestand die Bank den Stresstest der EU-Aufsichtsbehörde EBA (PDF, Laiki firmiert dort unter "Marfin Popular Bank"). Dann wurden die Probleme offensichtlich.

"Die wohl größten Verlierer des zyprischen Desasters"

Werben um russische Anleger

Das Beispiel Laiki zeigt, wie eng griechischer und zyprischer Bankensektor verwebt sind. Die Bank hielt viele Staatsanleihen des großen Bruderstaates. Deren Preisverfall brachte sie 2012 in so große Schwierigkeiten, dass der zyprische Staat das Institut mit 1,8 Milliarden Euro retten musste. Seit Juni 2012 hält er 84 Prozent an der Bank. In den ersten neun Monaten 2012 vervielfachte sich die Risikovorsorge für faule Kredite auf 400 Millionen Euro. 2007 war das Unternehmen Reuters zufolge mehr als acht Milliarden Euro wert, in den vergangenen Tagen hieß es, noch 170 Millionen Euro - nun ist wohl auch dieser Wert übertrieben.

Jetzt verliert das Volk seine "Volksbank", weil die sich in die Geschäfte gewagt hatte, die sie am Ende nicht mehr stemmen konnte. Der Verlust mag den Staatsfinanzen helfen, trifft aber trotzdem mehrere tausend Zyprer direkt: Viele Laiki-Angestellte dürften ihre Jobs verlieren. Auf der gebeutelten Insel mit dem zwangsgeschrumpften Bankensektor dürfte es schwierig sein, neue Arbeit zu finden. Zudem sind ihre Pensionen in Gefahr. Die Financial Times bezeichnet die Angestellen darum als die "wohl größten Verlierer des zyprischen Desasters". Manche denken über einen Streik nach. Die Filialen könnten am Dienstag geschlossen bleiben, an jenem Tag also, an dem Banken nach dem Willen der Regierung zum ersten Mal seit eineinhalb Wochen wieder öffnen sollen.

Bleibt die Frage: Trifft die Auflösung von Laiki jene ominösen russischen Großanleger, die angeblich Schwarzgeld auf der Insel parken? Schwierig festzustellen. Einerseits wird die Zwangsbeteiligung auf Laiki und einen Teil der Bank-of-Cyprus-Einlagen beschränkt bleiben. Andererseits strahlt der präzedenzlose Schritt auf andere, kleine Banken der Insel aus. Das Vertrauen ausländischer Anlger schwindet. Vor allem deutsche Politiker hatten Zyperns "Geschäftsmodell Steueroase" immer wieder attackiert. Es könnte wegen der Rufschädigung, die mit Zwangsabgaben und Bankenzerschlagung einhergeht, erledigt sein.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, dass vergangene Woche bereits Milliarden an Kapital aus dem Land geflossen sein könnten. Sie beruft sich dabei auf nicht genannte Frankfurter Finanzfachleute. Kapitalverkehrskontrollen für Zypern wurden erst am Freitag eingeführt. Sie sind in EU-Regeln nur für Notfälle vorgesehen.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte dagegen, die Euro-Gruppe beobachte die Kapitalbewegungen genau und sei zu dem Schluss gekommen: "In den letzten Tagen hat da nicht so viel stattgefunden." Langfristig dürfte die Plünderung von Laiki das Vertrauen in die Finanzbranche kaum schmälern, schließlich gibt es Alternativen, und Kapital ist mobil.

Banken aus anderen europäischen Steueroasen wie der Schweiz und Andorra würden schon offensiv um russische Geschäftsmänner auf Zypern werben, berichtet die FT. Daneben müht sich ein weiteres Land seit Zyperns Krise verstärkt um russisches Geld. Das Wetter ist zwar nicht so gut wie auf Zypern, dafür ist der Weg nach Moskau kurz und die meisten Banker sprechen schon Russisch: Lettland, der Staat, der soeben die Euro-Mitgliedschaft beantragt hat.

Auf der Homepage von Laiki steht seit Tagen ein Hinweis: Die Banken seien auf Weisung des Finanzministeriums geschlossen. Der kurze Text endet mit dem Satz: "Wir entschuldigen uns für jegliche Unannehmlichkeiten." Davon gibt es nun einige.

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