Zalando:David, Robert, Rubin und die Aktionäre

Zalando SE - Hauptversammlung

Der Vorstand stellt sich den Fragen (von links): Robert Gentz, Rubin Ritter und David Schneider.

(Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Der Online-Händler Zalando lädt zur ersten Hauptversammlung - aber nur wenige Interessierte kommen. Viel zu lamentieren gibt es jedoch auch nicht.

Von Elisabeth Dostert, Berlin

Es ist nicht ganz einfach, anders zu sein. Es wirkt manchmal angestrengt. David, Robert und Rubin, die Duzfreunde aus dem Vorstand des Online-Händlers Zalando, wollen unbedingt anders sein, unkonventionell. Deshalb soll auch die erste Hauptversammlung seit dem Börsengang im Herbst anders sein. Im Foyer des Tempodrom in Berlin türmen sich Pappschachteln, wie die, in denen Zalando seine Waren ausliefert. Sie sehen aus wie eine leicht zerstörbare Barrikade. Die weißen Kartons mit dem Schriftzug sind das greifbarste Merkmal des Online-Händlers. Ein wenig Mode wird auch gezeigt. Eine Mitarbeiterin ermahnt die Kollegen aufzupassen, dass die Aktionäre nichts mitgehen lassen. Hauptversammlungen seien so etwas wie Stammtische, da geht es auch um soziale Kontakte, sagt sie, ehe sich die Türen des Tempodrom für das Aktionärsvolk öffnen.

Viele sind nicht gekommen, deutlich weniger als die 200, die angemeldet waren. Sie tun, was Aktionäre auch auf anderen Hauptversammlungen tun. Sie streben zum Buffet. Es gibt Kernbrot mit Schmalz, Schinken und Käse. So anders ist das nicht. "Die Speisen", sagt Heinrich B. aus Frankfurt/Oder, "sagen viel aus darüber, wie gut es einer Firma geht. Im Internet gibt es ein richtiges Ranking." Geht es einer Firma, die in Papier eingewickelte Brotschnitten zum Frühstück und Flammkuchen zum Mittagessen serviert, gut?

Das Jahr lief nicht schlecht für Zalando. 2,2 Milliarden Euro Umsatz, plus 25,7 Prozent - ein Zuwachs leicht über dem für die nächsten Jahre angepeilten Korridor von 20 bis 25 Prozent. Operativ hat Zalando Gewinn gemacht. Früher, erzählt Heinrich B., hielt er Aktien eines Maschinenbaukonzerns. Anfänglich gab es da Bockwurst mit Kartoffelsalat aus Pappschalen. Und später, als es der Firma richtig gut ging und der Aktienkurs kräftig zulegte, "richtiges Essen" auf Porzellantellern. Heinrich B. hat dann verkauft.

Die Zalando-Vorstände David Schneider, Robert Gentz und Rubin Ritter strengen sich wirklich an, anders zu sein. Sie sitzen hinter großen weißen Tischen. Nehmen ab und zu einen Schluck des Energy-Getränks Red Bull. Tragen wie auch sonst oft bei öffentlichen Auftritten Jeans, die Hemden sind lässig offen. Außer dem Notar trägt überhaupt niemand Krawatte auf dem Podium.

Viel zu lamentieren gibt es nicht: Die Aktie hat kräftig zugelegt

Schneider, Gentz und Ritter wollen keine langen Reden halten, das hat zu Beginn schon Lothar Lanz, Aufsichtsrat und Versammlungsleiter, getan. Es gibt für börsennotierte Unternehmen Regeln, die müssen eben eingehalten werden. Der Vorstand lässt sich interviewen. Die drei Männer nehmen auf Holzkisten Platz, die Fragen darf Jochen Krisch stellen, Herausgeber des Branchendienstes Exciting Commerce. Aber Fragen und Antworten wirken wie Pakete von Zalando - bestellt und wie gewünscht geliefert.

Viele Neuigkeiten enthalten die Antwortpakete nicht. Robert Gentz erzählt, dass Zalando in den nächsten Jahren vom Online-Händler zur Fashion-Plattform werden soll. "Wir wollen Menschen und Mode nahtlos verbinden." Er redet über apfelgrüne Sneakers von Adidas, die jemand irgendwo gesehen und ein Foto davon geschickt hat, und die Zalando-Mitarbeiter finden dann den Laden, der die Sneakers noch rechtzeitig zur Hauptversammlung von Zalando in 35 Minuten liefern kann. Es soll lustig klingen. Aber niemand lacht.

Das liegt vielleicht daran, dass kein Aktionär apfelgrüne Sneakers trägt. Es ist schwer, anders zu sein, wenn das Publikum weitgehend das gleiche ist wie bei anderen Aktionärstreffen auch. Viel zu lamentieren gibt es nicht, seit dem Börsengang im Herbst zum Preis von 21,50 Euro hat die Aktie kräftig zugelegt auf fast 30 Euro. Ein wenig liegt das auch daran, sagt ein Aktionärsvertreter, dass es so aussieht, als könnte Zalando schon bald vom Aktienindex SDax in den MDax aufsteigen. Darüber entscheidet die Börse an diesem Mittwoch.

Lena B., 65, die Malerin aus der Nähe von Berlin, ist sogar noch unter dem Emissionspreis eingestiegen. Sie holt ihr Tablet aus der Tasche, um das genaue Datum nachzuschlagen. Das ist die erste Hauptversammlung, die Lena B. besucht, aber nicht ihre erste Aktie. "Apple, Hyundai . . . - ich kaufe nur noch, was ich nutze und verstehe." Sie hat schlechte Erfahrungen gemacht. Als Anfang des Jahrtausends der Neue Markt zusammenbrach, da musste sie Verluste einstecken. Sie kauft auch bei Zalando ein. "Ich habe Schuhgröße 42. Seit ich Schuhe online einkaufe, habe ich einen kleinen Schuhfimmel entwickelt."

Heinrich B., der Mann aus Frankfurt/Oder, kauft nicht online. Das sei ihm zu gefährlich, sagt der 75-Jährige. Er fürchte um seine Daten. "Das Paar Schuhe, das ich ab und zu brauche, bekomme ich noch im Laden", sagt Heinrich B. Er ist kein Online-Käufer, aber ein eifriger Aktionär. In seinem Portfolio stecken gut ein Dutzend Titel, querbeet. Das meiste Old Economy. Manchmal fährt Heinrich B. auch zu den Hauptversammlungen, wenn er etwas Spannendes erwartet. Neulich war er mit seinem Enkel bei Eon. Alle fünf Tage nimmt sich der Mann einige Stunden Zeit, um im Internet Nachrichten zu den Aktien zu suchen, die auf seiner Liste stehen, etwa 40, 50 Titel. Er liest auch Geschäftsberichte. Heinrich B. will keine Show. Er will seriöse Antworten.

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