Zahlreiche Kündigungen:Ernüchterung über Riester-Verträge

Viele Riester-Kunden sind bestürzt über die hohen Kosten und die niedrigen Renditen ihrer Produkte: Fast eine Million Verträge wurden bereits gekündigt.

Rund eine Million Riester-Sparer haben ihren Vertrag für eine private Altersvorsorge bereits wieder gekündigt oder lassen ihn ruhen.

Zahlreiche Kündigungen: "Wenn die Menschen rausgehen, muss man dem auf den Grund gehen, warum das so ist"

"Wenn die Menschen rausgehen, muss man dem auf den Grund gehen, warum das so ist"

(Foto: Foto: dpa)

Dies bestätigte das Bundessozialministerium am Montag in Berlin. Verbraucherschützer führen dies auf die Unzufriedenheit vieler Sparer mit den hohen Provisionen und Kosten mancher Riester-Produkte zurück.

Ihr Rat lautet: Obwohl es teuer ist, den Vertrag zu kündigen, kann es sich auf lange Sicht durchaus lohnen.

Zwölf Millionen Verträge insgesamt

Derzeit wird die Zahl der Riester-Verträge mit etwa zwölf Millionen angegeben. Das Sozialministerium bestätigte einen Bericht der Bild-Zeitung, wonach seit dem Start der Riester-Reform 2001 bis Ende 2007 rund 950.000 Verträge aufgelöst, gewechselt oder ruhen gelassen wurden. Dabei geht es nur um die 9,3 Millionen Riester-Versicherungsverträge, aufgelöste Bank- oder Fördersparverträge seien dabei nicht eingerechnet.

Die Bundesfinanzaufsicht (Bafin) beobachtet eine Zunahme von Beschwerden über Riester-Verträge, wie ein Sprecher der Behörde bestätigte. Allein im ersten Halbjahr 2008 registrierte die Bafin 240 Beschwerden, fast so viele, wie im gesamten Vorjahr (290 Beschwerden).

Das Sozialministerium vertritt allerdings die Auffassung, nicht alle Kündigungen seien auf Unzufriedenheit zurückzuführen. Denkbar sei zum Beispiel auch, dass einige Riester-Sparer vorübergehend die Raten nicht mehr zahlen konnten. Ein Ministeriumssprecher wies auch darauf hin, dass die Kündigung eines Vertrags teuer sein könne.

Denn vor allem am Anfang der Vertragslaufzeit fielen Provisionen für den Vermittler sowie Verwaltungs- und Bearbeitskosten an. Wer mit dem Riester-Sparen ganz aufhöre, müsse zudem Zulagen zurückzahlen, sagte der Ministeriumssprecher. Vor Abschluss eines Riester-Vertrags solle man das betreffende Produkt eingehend prüfen, riet er.

Höhe der Provisionen nicht gedeckelt

Dies tun aber nicht alle Riester-Sparer, wie Finanzexperte Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg berichtete.

Viele seien ohne eingehende Prüfung der Beratung der Vermittler gefolgt, obwohl die Verträge teuer seien und niedrigen Ertrag brächten. Viele Menschen verließen sich darauf, dass der Staat die von ihm geförderten Produkte reglementiere. Dabei sei zum Beispiel die Höhe der Provisionen nicht gedeckelt, sagte Nauhauser.

In Beratungsgesprächen zeige sich, dass die Menschen oft erschrocken seien über die Zusatzkosten, die zum Teil über den staatlichen Zulagen lägen. Teils seien den Sparern auch monatliche Beiträge angeraten worden, die sie sich gar nicht leisten könnten.

Tatsächlich könne es sich durchaus lohnen, einen Vertrag zu kündigen und einen besseren abzuschließen, sagte der Experte.

"Selbst 1.000 Euro Wechselkosten können sie im Lauf von 30 Jahren verdienen, wenn die Rendite nur um 0,1 Prozentpunkte höher ist", sagte der Verbraucherschützer.

In Beratungsgesprächen komme man häufig zu einem solchen Ergebnis. Die Stornierung von anderen, nicht staatlich geförderten Altersvorsorgeprodukten wie Lebensversicherungen sei deutlich niedriger, sagte Nauhauser.

Er appellierte an die Politik, dem Problem nachzugehen. "Wenn die Menschen rausgehen, muss man dem auf den Grund gehen, warum das so ist", sagte der Finanzexperte.

Auch die Grünen-Finanzexpertin Christine Scheel forderte eine strengere Kontrolle der Riester-Produkte. "Die Finanzaufsicht muss endlich Ansprechpartner für die Probleme der Bürger mit Banken und Versicherungen werden. Gerade bei den Riester-Renten muss die Aufsicht viel genauer hinschauen, ob sich ein Vertrag überhaupt lohnt", sagte Scheel der Bild-Zeitung.

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