Yellen-Nachfolge:Trump will sie, Trump will sie nicht

Janet Yellen

US-Notenbankchefin Janet Yellen: Wird sie eine zweite Amtszeit bekommen?

(Foto: dpa)
  • In der kommenden Woche will Donald Trump entscheiden, wer ab Februar 2018 die amerikanische Zentralbank leiten soll.
  • Die beste Kandidatin wäre wohl die amtierende - doch einige Republikaner wehren sich gegen eine weitere Amtszeit Janet Yellens.
  • Trump befindet sich in einer Zwickmühle: Er hat viele Optionen, will aber eigentlich jemanden, der tickt wie Yellen.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Die perfekte Kandidatin für die Nachfolge von Janet Yellen steht längst bereit, Präsident Donald Trump muss sie nur noch nominieren. Sie ist 71 Jahre alt, angesehene Ökonomin, erprobte Krisenmanagerin und weiß mit Politikern umzugehen. Kurzum, sie verfügt über alle Fähigkeiten, die für die Führung der US-Notenbank Fed vonnöten sind. Ihr Name: Janet Yellen. Glaubt man fast allen Experten, dann wäre es am besten, wenn die amtierende Zentralbankpräsidentin nach dem Ende ihrer vierjährigen Amtszeit im Februar einfach weitermachen würde. Die Entscheidung soll spätestens nächste Woche fallen.

Es ist zwar nicht wahrscheinlich, aber auch nicht ausgeschlossen, dass Trump tatsächlich an Yellen festhält. Allein, dass die Chance besteht, ist bemerkenswert, denn die beiden haben sich in der Vergangenheit oft nichts geschenkt. Noch im Wahlkampf hatte der heutige Präsident der Fed-Chefin vorgeworfen, die Wirtschaft mit künstlich niedrigen Leitzinsen zu befeuern, um seine demokratische Kontrahentin Hillary Clinton zu unterstützen. Yellen wiederum warnte erst jüngst vor einem Aufweichen der strengen Handelsbeschränkungen für Banken, wie es Trump und seinen republikanischen Parteifreunden vorschwebt. Dass der als nachtragend und loyalitätsbesessen geltende Präsident trotz allem über ihre erneute Berufung nachdenkt, zeigt, wie sehr ihm die Fed-Chefin imponiert und dass er tatsächlich bereit sein könnte, einmal über seinen Schatten zu springen. "Ich mag sie sehr, ich mag sie wirklich sehr", so Trump zu Wochenbeginn.

Dass er Yellen nicht längst wieder nominiert hat, ist wohl dem Widerstand in den eigenen Reihen geschuldet. Manche republikanische Senatoren und Abgeordnete würden die vermeintliche "Taube" Yellen gern durch einen geldpolitischen "Falken" ersetzen, der den Leitzins sehr viel entschlossener auf das einst als normal geltende Niveau von drei bis vier Prozent zurückbefördert. Andere stören sich schlicht daran, dass die bisherige Frontfrau von einem demokratischen Präsidenten berufen wurde. Sie drängen Trump, einen "republikanischen Kandidaten" zu berufen.

Der Präsident steckt jedoch in der Zwickmühle, denn er weiß, dass ein allzu eifriger "Falke" sein Vorhaben torpedieren würde, das Wirtschaftswachstum drastisch zu steigern. Er sucht daher nach jemandem, der nicht aussieht wie Yellen, aber ähnlich tickt - ergänzt vielleicht um mehr Flexibilität beim Thema Bankenregulierung. Mittlerweile scheint dieser Kandidat auch gefunden zu sein: Es ist Jerome "Jay" Powell, seit 2012 Mitglied des Fed-Vorstands und unter Präsident George H.W. Bush Staatssekretär im Finanzministerium. Der 64-jährige Jurist gilt als kluger Kopf und verfügt auch über Erfahrung in der Privatwirtschaft. Er hatte die lockere Geldpolitik Yellens und ihres Vorgängers Ben Bernanke stets mitgetragen, plädierte zugleich aber für mehr Wachstum und gegen eine "Überregulierung" der Bankbranche. Er liegt damit gewissermaßen voll auf Trump-Linie.

Zweiter aussichtsreicher Kandidat ist der Ökonom John Taylor, der Erfinder der nach ihm benannten Regel, die vielen Zentralbanken als grobe geldpolitische Richtschnur dient. Vereinfacht gesagt gibt man in der Gleichung vorne die aktuelle Wachstums- und Inflationsrate ein und erhält hinten den angemessenen Leitzins. Aus Sicht des Erfinders soll der Grundsatz dazu beitragen, die Geldpolitik stetiger zu machen und die Notenbanker von Panikreaktionen abzuhalten. Kritiker halten die Taylor-Regel jedoch für zu mechanistisch.

Die Chancen des Ex-Bankers Kevin Warsh steigen - bloß gilt er als zu jung

Hätte sich die Fed in den vergangenen Jahren stets an die Vorgabe gehalten, läge der Leitzins heute über der aktuellen Spanne von 1,0 bis 1,25 Prozent. Manchen Experten gilt Taylor deshalb als "Falke". Doch das ist nur bedingt richtig, denn das Pendel kann auch in die andere Richtung ausschlagen: Nach der Finanzkrise und der Rezession der Jahre 2008 und 2009 hätte die Fed den Leitzins gemäß Taylor-Regel deutlich unter null Prozent senken müssen.

Bei einer Berufung müsste der 70-Jährige ohnehin Abstriche von der reinen Lehre machen, denn jedes Mitglied der Fed-Führung, auch der Chef, hat im zwölfköpfigen Zins-Ausschuss nur eine einzige Stimme. Viele Experten glauben, dass Trump am Ende sowohl Powell als auch Taylor berufen wird - einen der beiden als Vorsitzenden, den anderen als Vize. Insgesamt muss der Präsident drei, womöglich gar vier der sieben Vorstandsposten neu besetzen, sollte Yellen nach einer Entmachtung als Chefin ihre einfache Mitgliedschaft aufgeben.

Damit steigen die Chancen des früheren Bankers Kevin Warsh, in den Fed-Vorstand zurückzukehren; er gehörte ihm von 2006 bis 2011 schon einmal an. Dass er gleich die Führung übernimmt, ist aber eher unwahrscheinlich: Angeblich ist er Trump mit heute 47 Jahren immer noch zu jung, auch gilt er als eine Art "Turbo-Falke", der noch 2009, als die Rezession ihren Höhepunkt erreichte und Experten einen dauerhaften Verfall der Preise befürchteten, vor Inflationsgefahren warnte. Bei republikanischen Hardlinern ist er dennoch sehr populär.

Aus dem Spiel zu sein scheint dagegen Gary Cohn, der Chef-Wirtschaftsberater des Präsidenten, der einst als Favorit auf die Yellen-Nachfolge galt. Er brachte sich mit seiner Kritik an Trumps Verhalten nach dem rechtsextremen Mord von Charlottesville offenbar um alle Chancen.

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