Wohngeld-Bericht:Wenn das Geld nicht fürs Mieten reicht

Wohnung gesucht

Wohnen ist in vielen Metropolen teuer geworden.

(Foto: Robert Schlesinger/dpa)

Die Bundesregierung will das Wohngeld künftig häufiger an die steigenden Mieten anpassen.

Von Benedikt Müller

Bundesbauministerin Barbara Hendricks will das staatliche Wohngeld künftig alle zwei Jahre an die steigenden Mieten in Deutschland anpassen. "Nur so können wir sicherstellen, dass nicht Tausende Familien in die Grundsicherung abrutschen oder aus ihrem vertrauten Stadtteil wegziehen müssen", sagt die SPD-Politikerin. Eine entsprechende Forderung steht im Wohngeld- und Mietenbericht der Bundesregierung, den das Kabinett am Mittwoch beschlossen hat.

Der Staat zahlt jährlich mehr als eine Milliarde Euro Wohngeld an Haushalte mit niedrigen Einkommen, die sich ansonsten keine Wohnung leisten könnten. Inzwischen erhalten etwa 660 000 Haushalte bundesweit die Förderung, darunter viele Rentner und Familien. Obwohl diese Haushalte in ziemlich günstigen Wohnungen leben, müssten sie im Schnitt 41 Prozent ihres Einkommens für die Miete ausgeben. Das Wohngeld senkt diese Quote auf 31 Prozent. Die Bundesregierung hatte die rechtlichen Voraussetzungen für das Wohngeld Anfang 2016 an die gestiegenen Mieten und Einkommen angepasst, zum ersten Mal seit sieben Jahren. Der Bericht spricht sich nun für häufigere Erhöhungen aus.

Freilich bekämpft ein höheres Wohngeld nur die Symptome der Wohnungsnot in deutschen Städten. Dem Bericht zufolge hat sich der Mangel an günstigen Wohnungen in den vergangenen Jahren vielerorts verschärft. Von 2012 bis 2016 sei die Miete in Wohnungsinseraten im bundesweiten Schnitt um 16 Prozent gestiegen. "Davon sind immer mehr Haushalte betroffen", heißt es, "zunehmend auch Haushalte mit mittleren Einkommen". Der Preisunterschied zwischen Ballungszentren wie München und Landkreisen fernab der Großstädte werde immer größer.

Sowohl Privatleute als auch Investoren legen von Jahr zu Jahr mehr Geld in den Wohnungsmarkt an. Denn Stadtwohnungen versprechen in der Niedrigzinsphase höhere Renditen als viele andere Anlagen. Im ersten Halbjahr dieses Jahres sind 5,9 Milliarden Euro in den deutschen Wohnungsmarkt geflossen, berichtet der Maklerkonzern CBRE. Das sind 22 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Für Anleger gilt es, die hohen Investitionen mit hohen Mieten hereinzuholen.

Ein großes Problem für Haushalte, die auf Wohngeld angewiesen sind, sieht der Regierungsbericht in energetisch sanierten Immobilien. Viele Leistungsempfänger könnten sich bei der Wohnungssuche keine frisch modernisierten Immobilien leisten - oder müssten bei Sanierungen ausziehen, weil die neue Miete den gesetzlichen Rahmen übersteige. Wenn Vermieter eine Wohnung modernisieren, dürfen sie elf Prozent der Kosten auf die jährliche Miete umlegen. Die Bundesregierung prüft nun eine Klima-Komponente im Wohngeld. Damit könnte der Staat höhere Mieten in sanierten Wohnungen teilweise übernehmen.

Im Bundestagswahlkampf betonen sowohl Union als auch SPD, in den Städten müssten mehr bezahlbare Wohnungen entstehen, damit die Mieten künftig nicht so stark steigen. "Deutschland ist noch lange nicht fertiggebaut", sagt Hendricks. Die Bundesregierung geht davon aus, dass bundesweit mindestens 350 000 neue Wohnungen jährlich errichtet werden müssten, um den Bedarf zu decken. Doch wurden im vergangenen Jahr nur gut 277 000 Einheiten fertiggestellt.

Die durchschnittliche Miete in Inseraten ist seit 2012 um 16 Prozent gestiegen

Was den Neubau hemmt, machte am Mittwoch auch der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) deutlich, dem vor allem Genossenschaften und kommunale Gesellschaften angehören. Die GdW-Mitglieder haben im vergangenen Jahr knapp 20 000 neue Mietwohnungen bundesweit gebaut. "Wir hätten gerne noch mehr investiert", sagt GdW-Präsident Axel Gedaschko. Doch ständen in den Ballungsräumen nur wenige Grundstücke zum Verkauf, meist zu sehr hohen Preisen. Viele Bauvorhaben verzögerten sich, weil die Bauämter stark ausgelastet seien oder Anwohner gegen Neubauten protestierten. Zudem verteuerten Tausende Vorschriften den Bau. "Wir haben in Deutschland eine Situation erreicht, wo der normale Durchschnittsverdiener nicht mehr in der Lage ist, eine Neubauwohnung zu bezahlen", warnt Gedaschko.

Auch die Bundesregierung hat Bauland als "entscheidenden Engpassfaktor" identifiziert. Künftig will der Staat mehr Grundstücke verbilligt abgeben, damit darauf bezahlbare Wohnungen entstehen können. Bislang verkauft der Bund Bauland meistens zu den hohen Marktpreisen, damit der Staatskasse keine Einnahmen entgehen. "Der Staat muss bei der Bereitstellung von Bauland voranschreiten", fordert Hendricks. Dass es genug bezahlbare Wohnungen gibt, sei eine der wichtigsten gesellschaftspolitischen Herausforderungen dieser Zeit.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: