Was kommt:Geräuschlose Wechsel

Im Montagsinterview geht es um die Kunst des Verabredens. Die deutsche Börse bekommt einen neuen Chef und BMW auch.

Von Ulrich Schäfer

Wir haben eine Verabredung am Montag: Sie als Leser, wir als Wirtschaftsredaktion. Nein? Vielleicht doch! Es wäre eine Verabredung zum Montagsinterview. Und in dem geht es um die Kunst des Verabredens. Geführt hat es unsere New Yorker Korrespondentin Kathrin Werner mit Sean Rad, dem Gründer der erfolgreichen Dating-App Tinder. Rad übrigens kam eine Viertelstunde zu spät zum Termin; wäre es ein richtiges Date gewesen - er hätte eine schlechte Startposition gehabt. Der 28-Jährige hat mit seiner App komplett verändert, wie sich Menschen in den USA - und zunehmend auch in Deutschland - verlieben. "Seit Tinder ist es viel einfacher geworden, sich kennenzulernen", sagt Rad. "Und wenn man eine schlechte Beziehung hat, muss man nicht in ihr bleiben, weil man weiß, dass man auf Tinder leicht jemand Neuen findet." In der App sieht man ein paar Fotos von einem anderen Menschen, der gerade in der Nähe ist, und kann sich dann für oder gegen ihn entscheiden. Die Auswahl ist riesig, der Anfang leicht gemacht. Im Montagsinterview erklärt Rad, wie Tinder damit jetzt Geld verdienen will.

Muss es immer so turbulent zugehen wie bei VW? Nein, muss es nicht. Wie ein Chefwechsel auch anders vollzogen werden kann, zeigt sich am Mittwoch . Die Deutsche Börse verabschiedet sich auf ihrer Hauptversammlung von Reto Francioni, der das Unternehmen zehn Jahre lang geführt hat. Er übergibt an Karsten Kengeter. Der Wechsel 2005 war da weitaus geräuschvoller: Francionis Vorgänger Werner Seifert warf hin, nachdem große Aktionäre ihn über Monate hinweg öffentlich attackiert hatten, allen voran der britische Hedgefonds The Childrens's Investment Fund.

Ganz unaufgeregt verläuft am Mittwoch auch der Chefwechsel bei BMW: Norbert Reithofer übergibt an Harald Krüger. Wir ziehen vorher eine Bilanz der erfolgreichen Ära Reithofer - und stellen Krüger vor. Unser Autoexperte Thomas Fromm meint zu dem Führungswechsel in München: "Das ist der seit langem vorbereitete Generationswechsel, den viele andere Autokonzerne erst noch vor sich haben. Und es wird - ganz nach BMW-Tradition - wohl eher mit gelassenem Understatement zugehen. Ein bisschen über Traditionen reden, ein bisschen über Erfolge und ein bisschen in die Zukunft schauen. Dann wird sich der alte Vorstandschef in den Aufsichtsrat zurückziehen - wahrscheinlich aber nicht, ohne seinem Nachfolger noch ein paar Tipps für die Zukunft zu geben."

Auch sonst stehen in der kommenden Woche eine ganze Reihe Hauptversammlungen an. Am Montag stellen sich zum Beispiel Linde-Chef Wolfgang Büchele sowie Norbert Steiner von K+S den Aktionären, am Freitag dann, zwischen Feiertag und Wochenende, müssen Timotheus Höttges (Deutsche Telekom) sowie Anshu Jain und Jürgen Fitschen (Deutsche Bank) die Fragen der Anteilseigner beantworten. Keine Frage: Die Hauptversammlung der Deutschen Bank dürfte am spannendsten werden; es geht um die neue Strategie - und auch um die Auswirkungen des Gerichtsverfahrens im Fall Kirch, bei dem unter anderem Fitschen angeklagt ist.

Was noch? An diesem Samstag vor 65 Jahren präsentierte der französische Außenminister Robert Schuman seinen Plan, die französische und europäische Stahl- und Kohleindustrie zusammenzulegen. Das könnte man als klassische Industriepolitik bezeichnen, in Wahrheit aber war es - exakt fünf Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs - vor allem eines: weitsichtige Friedenspolitik, die später in der Gründung der Europäischen Union mündete. So viel Weitsicht wie Schuman würde man heute manchem wünschen, der mit rein technischen Argumenten gegen Euro- und Griechen-Rettung wettert - und vergisst, dass Europa eben auch ein Friedensprojekt ist.

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