Wirtschaftswachstum:Deutschlands beste Prognostiker - Sieger und Platzierte

Ganz vorn steht ein Volkswirt der Allianz. Abgeschlagen dagegen der Bundesbank-Chef.

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Einfach richtig

Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise

Quelle: picture alliance / dpa

Eigentlich hätte Michael Heise, 59, allen Grund gehabt, den Deutschen für 2015 entweder eine überhitzende Konjunktur zu prophezeien - oder eine tiefe Krise. Immerhin arbeitet der Chefvolkswirt (Foto: dpa) für eine große Versicherung, die Allianz. Die ist nicht begeistert, dass die Zinsen so niedrig sind - niedriger als jene Sätze, die sie ihren (Lebens-)Versicherten mal zugesagt hat. Was läge näher, als zu versuchen, der Wirklichkeit ein bisschen nachzuhelfen und entweder viel Wachstum herbeizuprognostizieren, damit die Zinsen wieder steigen, oder eine Krise, damit alle sehen, wie schlimm die Nullzinsen sind. Der Haken: Solche Zweckprognosen fliegen früher oder später auf und dann ist der Prognostiker-Ruf dahin. Das wird auch Heise sich gesagt haben. Die Prognose, die er vor einem Jahr für 2015 aufgestellt hat, ist, wie sich nun zeigt, weder zweckeuphorisch, noch zielpessimistisch gewesen, sondern richtig. Die Nullzinsen haben weder zu solchen Blasen geführt, dass die Weltwirtschaft in den nächsten Crash geriet. Noch haben sie die Euro-Krisenländer zum Schludern verführt. Die deutsche Wirtschaft ist mit etwa 1,7 Prozent ganz ordentlich, aber nicht irre gewachsen. Und die Krisenländer expandieren wieder so, dass deutsche Exporteure dort neue Märkte finden. Dass Michael Heise nun schon zum dritten Mal seit 2002 zum Prognostiker des Jahres gekürt wird, könnte ein Indiz dafür sein, dass er das Handwerk des Prognostizierens von der Vertretung von Interessen grundsätzlich zu trennen weiß.

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Plötzlich vereint

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Quelle: SZ

Normalerweise gibt es nicht so viel, worin sich Stefan Kooths, 46, und Gustav Horn, 61, einig sind. Der eine arbeitet bei einer Instanz für konservativ-liberale Ökonomie, dem Kieler Institut, der andere beim Gewerkschaftsinstitut IMK. Der eine ist für bedingungslosen Abbau von Staatsausgaben, der andere für Konjunkturprogramme in Notfällen. Der eine ist, klar, gegen Mindestlöhne, der andere dafür. Um so bemerkenswerter ist, dass beide fast exakt gleich treffende Prognosen für die deutsche Wirtschaft 2015 gemacht haben - und sich recht ungewohnt nun einen Platz teilen müssen: Rang zwei, nur knapp hinter dem Sieger. Tatsächlich wirkt das erst einmal erstaunlich: Immerhin hatte der Kieler Konjunkturchef Kooths (Foto: dpa) noch im Herbst 2014 gewarnt, die Einführung des Mindestlohns bedrohe die Konjunktur. IMK-Chef Horn (Foto: dpa) hingegen glaubte, so ein Lohnschub sei für Einkommen und Konjunktur gut. Als die beiden, wie es sich für gute Prognostiker gehört, nachrechneten, wird Kooths festgestellt haben, dass es für Untergangsprophezeiungen nicht reicht; und Horn auch seine Euphorie gebremst haben. Ergebnis: zwei ziemlich gleich gute Prognosen. Weder Massenentlassungen, noch Wohlstandsschübe. Merke: Beim Prognostizieren schadet ideologischer Eifer nur.

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Abgeschlagen

Jens Weidmann und Mario Draghi

Quelle: dpa

Für Jens Weidmann, 47, gab es Ende 2014 eine Menge Grund für Verdruss. Die Kollegen bei der Europäischen Zentralbank steuerten darauf zu, massiv Staatsanleihen zu kaufen - was der Bundesbankchef (Foto: dpa) aus Prinzip ablehnt. Die große Koalition wollte Mindestlöhne oder die Rente mit 63 einführen. Das könnte erklären, warum die Bundesbanker im Dezember 2014 eine der pessimistischsten Konjunkturprognosen im ganzen Land herausgaben. Nur ein Prozent Wirtschaftswachstum werde es 2015 geben. Jetzt ist es deutlich mehr geworden - und die Bundesbank landet auf dem vorvorletzten Platz. Merke: Ordnungspolitische Prinzipien sind nicht immer gute Prognosehelfer.

© SZ/jasch
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